Die Logos der sozialen Medien „Facebook Messenger“, „Twitter", WhatsApp“ und „Instagram“ am Display eines Mobiltelefones
APA/ROLAND SCHLAGER
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Politik

Hasspostings: Mehr Opferschutz per Gesetz

Die türkis-grüne Bundesregierung verspricht in ihrem Programm stärkeren Opferschutz bei Hasspostings in sozialen Medien. Die Vorzeichen stünden gut, so die Grazer Online-Expertin Ingrid Brodnig – allerdings werde die Justiz dafür mehr Geld brauchen.

Mit der Regierungserklärung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat sich am Freitag die Regierung dem Nationalrat vorgestellt – mehr dazu in „Neues Kapitel“ und „gegen Spaltung“ (news.ORF.at). Kogler forderte dabei angesichts der Hasspostings gegen Justizministerin Alma Zadic die Abgeordneten auch auf, gegen die Spaltung des Landes anzukämpfen – seit Tagen läuft ja in den sozialen Netzwerken eine von Rassismus und Sexismus geprägte Hasswelle gegen Zadic.

„Postings zeugen nicht von Intelligenz“

Dass gerade Zadic von derart üblen Beschimpfungen im Netz betroffen ist, ist für Social-Media-Expertin Ingrid Brodnig paradox: „Dass gerade die Ministerin, die für die Verfolgung von Hass im Netz zuständig ist, selbst Betroffene ist, ist wirklich bizarr. Aus Sicht der Kommentatoren ist es nicht sonderlich intelligent, dass genau diese Person, die dann Gesetze machen soll, selbst betroffen ist und es dementsprechend ernst nehmen wird.“

Hetze wegen Herkunft und Geschlecht

Hass im Netz erscheint oft so grenzenlos wie die Plattformen, auf denen er verbreitet wird. Seit der Falschmeldung, dass sie strafrechtlich vorbestraft sei, hat auch die neue Justizministerin Alma Zadic damit zu kämpfen.

Ingrid Brodnig
Ingo Pertramer
Die gebürftige Grazerin Ingrid Brodnig ist Expertin für Social-Media. Sie analysiert im Gespräch mit dem ORF Steiermark die Pläne der aktuellen Bundesregierung gegen Hasspostings im Netz.

„Alma Zadic ist Frau, und sie ist Migrantin – sie wurde in Bosnien geboren. Man sieht in vielen gehässigen Kommentaren, dass genau darauf angespielt wird. Es werden Blödheiten über ihre Herkunft geschrieben, und es geht unter die Gürtellinie, wie das bei Frauen häufig der Fall ist. Politiker sind generell stärker betroffen von Beleidigungen und Gemeinheiten, aber wenn ich auch noch Frau und Migrantin bin, das verstärkt das noch“, so Brodnig.

Mehr Geld für Justiz gefordert

Dabei will laut Regierungsprogramm gerade das Justizministerium künftig härter gegen Hass im Netz vorgehen. Die Vorzeichen dafür würden gut stehen, sagt Brodnig, die Krux liege, wie so oft, im Detail und bei der Umsetzung. „Es ist gut, dass es als politische Aufgabe gesehen wird, gegen Hass im Netz vorzugehen, dass es ein eigener Punkt im Regierungsprogramm ist. Man muss sagen: Die Maßnahmen sind recht sinnvoll. Es kommt aber auf die Umsetzung an. Was sehr gut ist, ist, dass Opferschutz stärker ausgedehnt wird, zum Beispiel Staatsanwälte bei mehr Delikten zuständig sein sollen – wir wissen aber noch nicht: Welche Delikte sind betroffen?“ Außerdem brauche die Justiz mehr Mittel, also mehr Geld und damit mehr Personal, um den zusätzlichen Aufwand auch stemmen zu können, so Brodnig.

Facebook und Co. zur Verantwortung ziehen

Kommt es zu Hetze im Netz, müssen auch die Konzerne hinter den Social-Media-Plattformen zur Verantwortung gezogen werden können, etwa um gerichtlich zu erwirken, dass Urheber eines Postings genannt oder mutmaßliche Falschaussagen gelöscht werden.

Dafür müssten auch in Österreich sogenannte Zustellungsbevollmächtigte eingeführt werden: „In Deutschland wurde bereits eine gesetzliche Basis geschaffen, dass jede große Plattform einen Zustellungsbevollmächtigten braucht. Da kann ich hinschreiben, die kann ich klagen. Das ist eine kleine Maßnahme, die aber etwas bringt, weil wenn ich zum Beispiel Facebook klagen möchte, oder wenn ich in Kontakt mit denen treten möchte, habe ich einen konkreten Ansprechpartner“, sagt die Social-Media-Expertin Ingrid Brodnig.