Ökosoziale Marktwirtschaft
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Politik

Ökosoziale Marktwirtschaft: Neue Chancen

Seit einer knappen Woche ist in Österreich die erste türkis-grüne Bundesregierung im Amt. Einem Durchbruch der Ökosozialen Marktwirtschaft gibt der ehemalige ÖVP-Vizekanzler und Vordenker Josef Riegler gute Chancen.

Das Regierungsprogramm zum Download:

Ob mit dieser Regierung der Ökosozialen Marktwirtschaft endgültig zum Durchbruch verholfen wurde? Josef Riegler, der diesen Begriff bereits vor drei Jahrzehnten als Vizekanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann geprägt hat, hofft es – und sieht gute Chancen dafür: „Es ist jedenfalls das erste Mal, dass die beiden Begriffe – Ökosoziale Marktwirtschaft und Ökosoziale Steuerreform – ganz stark im Regierungsprogramm verankert sind. Vor allem sind aber auch die handelnden Personen meines Erachtens ein Garant dafür, das wirklich auch in der Tagespolitik umzusetzen“, so Riegler.

Zeit für neue Vorreiterrolle gekommen

Seine Erfahrungen als Umweltlandesrat in der Steiermark hätten ihn geprägt, so der mittlerweile 81-Jährige. 1985 sei die Mur nicht mehr gewesen als eine graubraune Brühe mit weißen Schaumkronen: „Mit Beginn der 90er Jahre kam eine euphorische Aufbruchstimmung – doch dann ist ab Mitte der 90er Jahre jene Globalisierungswelle gekommen, die nordamerikanisch, profitgetrieben gelaufen ist. Erst seit 2008, seit der Finanz- und Wirtschaftskrise gibt es ein Umdenken.“

Josef Riegler
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Josef Riegler: Hinsichtlich der neuen Regierung sei der 81-Jährige dankbar, „dass ich diese neue Entwicklung miterleben darf“.

Jetzt sei die Zeit gekommen, national, europäisch und global voranzukommen – vom Klimavertrag von Paris über die nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO bis hin zur neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem Konzept des „Green Deal“ in der Europäischen Union führten die Zeichen hin zu mehr Nachhaltigkeit, so Riegler.

Josef Riegler:

Der 1938 in Judenburg geborene Josef Riegler war Umweltlandesrat in der Steiermark und später Umwelt- und Landwirtschaftsminister und Vizekanzler. Bereits 1989 hat die ÖVP auf seine Initiative hin die ÖVP beim Bundesparteitag erstmals über die „Ökosoziale Marktwirtschaft“ diskutiert und das Modell später auch in ihr Parteiprogramm aufgenommen.

Bereits Ende der 1980er Jahre sei Österreich in verschiedensten Bereichen Vorreiter gewesen: „Wir waren zum Beispiel die ersten, die eine Katalysatorpflicht eingeführt haben – sind dann aber abgedriftet in den hinteren Bereich. Jetzt geht es darum, wieder Vorreiter, Impulsgeber, Initiator zu sein. Auch in der europäischen Politik.“

Umschichtung der Steuern als Lösung

Im ÖVP-Programm sei die Ökosoziale Marktwirtschaft seit 1994, in jenem der Grünen seit den späten 90er Jahren verankert. Bei der nun dringenden Umsetzung gehe es vor allem darum, Umwelt- und Klimaschutz durch marktwirtschaftliche Instrumente zu erreichen: „Ökologische Kostenwahrheit, Verursacherprinzip und ein intelligenter Umbau von Steuerabgaben und Förderugen“, listet Riegler die wichtigsten Maßnahmen der Ökosozialen Steuerreform auf, die die Regierung nun durchsetzen will.

Gleichzeitig versprach man, mehr auf steuerliche Ent- als auf Belastung zu setzen – ein schwieriges Unterfangen angesichts neuer Steuern wie der geplanten CO2-Abgabe. Riegler sieht die Lösung in einer Umschichtung – „und die brauchen wir. Wir wollen ja in 20, 30 Jahren von der fossilen Energiewirtschaft weg sein. Das heißt, es muss das wirtschaftlich attraktiv gemacht werden, was auch nachhaltig ist. Es braucht sich niemand fürchten – jeder hat die Chance, sich entsprechend anzupassen. Aber das müssen wir tun.“