Die schwarze Wand (Erschießungsstätte) des KZ Auschwitz mit Blumen und Kerzen zum Gedenken an die Opfer des Holocaust
APA/HELMUT FOHRINGER
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Chronik

Holocaust: Steirer als Opfer und als Täter

Vor 75 Jahren ist das Konzentrationslager Auschwitz befreit worden. Weltweit finden aus diesem Anlass Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Holocaust statt, auch in der Steiermark. Viele Steirer waren unter den Opfern, aber auch unter den Tätern.

Mehr als eine Million Menschen sind in Auschwitz, dem größten Vernichtungslager der Nazidiktatur, ermordet worden, die meisten davon waren Juden. Mindestens 750 jüdische Mitbürger aus der Steiermark sind in Konzentrationslagern ums Leben gekommen, viele davon auch in Mauthausen oder in einem der Nebenlager.

Außenlager in der Steiermark

Mehrere dieser Lager gab es auch in der Steiermark, sagte Gerald Lamprecht, er leitet das Centrum für Jüdische Studien an der Universität Graz. "Es gab in Bretstein ein kleines Außenlager, in Aflenz bei Leibnitz ein Lager, es gab in Schloß Lind bei Neumarkt, aber auch in Eisenerz Nebenlager, die alle sozusagen eingebunden waren in das KZ-System Mauthausen und auch ganz entscheidend waren für die Kriegswirtschaft. Hier wurden Häftlinge als Arbeitskräfte ausgebeutet und hier starben auch Menschen und wurden ermordet.

Ereignisse nicht vergessen

Das Erinnern an die Ereignisse und Verbrechen von damals sei auch mehr als sieben Jahrzehnte nach diesen Geschehnissen wichtig und notwendig, sagte der Historiker: „Die Erinnerung an die Verbrechen und an die Opfer ist in gleichen Maßen auch eine Frage, wie wir uns selbst als Gesellschaft verstehen. Es ist ein Bekenntnis zur liberalen Demokratie. Es ist ein Bekenntnis zu Menschenrechten und es ist natürlich auch ein Bekenntnis im steten Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus, Diskriminierung, Intoleranz. Es ist sozusagen, wenn man so will, ein steter Gradmesser unserer liberaldemokratischen Gesellschaft.“

Gedenkveranstaltung im Landtag

Der Landtag Steiermark hat am Montag in Graz offiziell der Opfer des Holocaust gedacht. 120 Gäste nahmen an der Feierstunde im Landhaus teil. Landtagspräsidentin Manuela Khom (ÖVP) unterstrich in ihrer Einleitungsrede die Wichtigkeit des Gedenkens an die Opfer der Gräueltaten des NS-Regimes, betonte aber auch: „Gedenken darf nicht zu einer ständigen Schuldaufarbeitung für die Fehler einer früheren Generation werden. Vielmehr sind wir den Opfern aber vor allem den nachfolgenden Generationen schuldig zu vermitteln, wie schnell aus Diskriminierung Verfeindung werden kann und wie wenig noch fehlt, bis hasserfüllten Worten auch Taten folgen können“, sagte Khom.

„Ursachen für Antisemitismus ohne Zensur erkennen“

Der Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen, bekräftigte: „Geschichte kennt keinen Neuanfang, sie ist ein Kontinuum. Der neue Antisemitismus präsentiert sich heute anders, er ist nicht immer offensichtlich, er begegnet uns im neuen Gewand. Es darf nicht bei bloßen moralischen Appellen bleiben, die Ursachen müssen, ohne Zensur, erkannt und benannt werden, damit gegen sie vorgegangen werden kann“, sagte Elie Rosen.

Für die Gedenkveranstaltung reiste der Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Innsbruck, Dirk Rupnow, nach Graz und hielt einen Vortrag zur Gedenkkultur in Österreich. „Wir sind mittlerweile sehr weit entfernt vom historischen Geschehen, es gibt kaum eine Verbindung mehr von den heutigen Jugendlichen zu dieser Geschichte, gleichzeitig leben immer mehr Menschen überhaupt ohne familiäre Beziehungen zu dieser Geschichte unter uns, dafür viele mit anderen Kriegs- und Gewalterfahrungen“, sagte Rupnow im Landtag Steiermark.

Erinnerung an Holocaust lebendig halten

Wenn man die Erinnerung an den Holocaust lebendig erhalten wolle müssten sich alle letztlich immer wieder die Frage stellen: „Was hat das mit mir zu tun?“, mahnte Rupnow ein. Es werde unterschiedliche Antworten auf diese Frage geben, so der Historiker: „Sie werden sich mit der Zeit auch verändern. Aber ob die Erinnerung an den Holocaust in der Zukunft in unserer Gesellschaft eine Rolle spielt, wird davon abhängen, wie ernsthaft wir uns alle mit dieser Frage auseinandersetzen“, so Rupnow.