Andreas Stipsits und Julian Heissenberger
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Religion

Zölibat bleibt: Kirchenvertreter enttäuscht

Am Zölibat wird nicht gerüttelt – das geht aus einem Schreiben von Papst Franziskus zur „Amazonas-Synode“ hervor. Steirische Kirchenvertreter zeigen sich enttäuscht, sie sprechen von vergebenen Chancen. Bischof Wilhelm Krautwaschl bleibt diplomatisch.

Der Priestermangel in Amazonien in Südamerika brachte zuletzt das Zölibat, also die verpflichtende Ehelosigkeit, wieder auf die Agenda, und aufgrund von Äußerungen des Papstes rechneten Beobachter damit, dass es gelockert werden könnte – doch dem erteilte Papst Franziskus nun eine klare Absage – mehr dazu in Theologe: Papst entschied, nicht zu entscheiden (religion.ORF.at).

„Einheit der Kirche steht auf dem Spiel“

Steirische Kirchenvertreter zeigen sich enttäuscht, sie sprechen von vergebenen Chancen. Der Grazer Stadtpfarrprobst Christian Leibnitz würde sich eine Aufhebung des Zölibats wünschen: „Ich glaube, dass wir auch in unseren Gemeinden zunehmend diesen Mangel als Belastung für das Wachstum der Kirche erkennen und hier einfach bewährte Männer und auch Frauen bräuchten, die auch durch die Weihe die Feier der Sakramente, vor allem die Eucharistie aufrecht erhalten.“

Er sehe aber die extremen Positionen im Vatikan: Der Papst habe wenig Möglichkeiten und wolle die Einheit der Kirche nicht aufs Spiel setzen, sagt Christian Leibnitz.

Katholische Aktion will mit der Zeit gehen

Sie sei nicht enttäuscht, weil sie es ohnehin nicht erwartet hätte, so Anna Hollwöger, die Generalsekretärin der Katholischen Aktion – mit rund 25.000 Mitgliedern der größte Zusammenschluss von Laien in der katholischen Kirche: „Wir leben jetzt im 21. Jahrhundert. Vielleicht wäre es an der Zeit, den Zölibat mit den heutigen Augen anzuschauen und die Fragen zu stellen, die wir heute stellen müssen.“

Bischof Krautwaschl: „Anderes wichtiger“

Für den Sprecher der Pfarrerinitiative Josef Wilfling sei eine Chance vergeben worden. Der steirische Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl gibt sich wiederum diplomatisch: Er könne den Papst verstehen, die Weltkirche sei noch nicht so weit; außerdem sei das Thema Zölibat nicht das Wichtigste.

„Wir merken in verschiedensten Bereichen in ganz Europa, dass es eben einen Schwund gibt derer, die mit der Kirche gehen wollen, dass es Fragestellungen gibt, die unseren gesamten Glauben angehen, und denen müssen wir uns zuwenden. Die Frage der Zulassungskriterien zu einem Amt, zu einem geweihten Amt in der Kirche, ist nicht das erste – das erste ist, wozu sind wir da, und da sind wir dran, das zu überlegen, und dann kommen die anderen Fragen auch“, so Krautwaschl. Papst Franziskus habe allerdings die Bischöfe aufgerufen, über eine Beteiligung von Laien und Frauen nachzudenken.