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Bildung

Bildungsdirektion: Kritiker orten „Weisung“

Eine Schulleiterin hätte bei einer Pressekonferenz über den Ethikunterricht sprechen sollen. Die Bildungsdirektion Steiermark legte ihr aber nahe, nur als Privatperson teilzunehmen. Kritiker orten eine „Maulkorb-Weisung“; die Bildungsdirektion zeigt sich verwundert.

Für Kritik bei Personalvertretern sorgt aktuell ein angeblicher „Maulkorb-Erlass“ für eine Befürworterin des Ethikunterrichts: Die Schulleiterin einer „Brennpunkt-Volksschule“ aus Graz hätte in der kommenden Woche an einem Pressegespräch des Vereins „Ethik für ALLE“ teilnehmen sollen, zu dem übrigens auch die frühere Ombudsfrau im Bildungsministerium, Susanne Wiesinger, geladen war. Nach einer Buchveröffentlichung über angeblich parteipolitische Einflussnahme in ihrem Bereich war diese in Ungnade gefallen.

In einem Telefonat mit der Bildungsdirektion wurde der Grazer Direktorin im aktuellen Fall laut APA erklärt, sie dürfe ausschließlich als Privatperson an der Pressekonferenz teilnehmen und müsse jeglichen Hinweis auf ihren Beruf meiden. Diese angebliche „Weisung“ wurde der Frau auch noch einmal via E-Mail erteilt: „Wir haben vereinbart, dass Sie an diesem Gespräch als Privatperson teilnehmen, nicht aber in Ihrer Rolle als Schulleiterin.“

FSG: „Es geht um Meinungsfreiheit“

Eine „parteipolitisch motivierte Weisung“ und damit einen „Angriff auf die Demokratie“ ortete dabei Florian Gollowitsch, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FSG-Personalvertretung in der Steiermark. Die Schulleiterin hätte bei dem Pressegespräch lediglich von ihren Erfahrungen berichten sollen, mit dem Amtsgeheimnis sei dies sehr wohl vereinbar. „Es geht um Meinungsfreiheit“, so Gollowitsch.

Verfassungsjurist übt Kritik

Die Direktorin will sich laut APA nun mithilfe der Gewerkschaft juristisch wehren. Auch der Verfassungsjurist Heinz Mayer kritisierte das Vorgehen. Die Frage sei, ob es sich tatsächlich um eine Weisung handle, zumal dies ein außerdienstliches Verhalten betreffe. Andernfalls könnte man von einem Bescheid sprechen, gegen den man sich wehren kann. Ein Disziplinarverfahren würde die Direktorin mit Verweis auf die Meinungsfreiheit mit großer Wahrscheinlichkeit gewinnen.

„Ethik für ALLE“ ortet „Maulkorb-Weisung“

„Mit dieser autoritären Vorgehensweise einer politisch eingefärbten Landeschuldirektion erreicht der österreichische Ethikunterrichtsskandal einen neuen Höhepunkt“, kritisierte auch Eytan Reif vom Verein „Ethik für ALLE“. Es hätte sich um ein überparteiliches Pressegespräch außerhalb der Arbeitszeit gehandelt, das der Betroffenen per „Maulkorb-Weisung“ untersagt worden sei.

Bildungsdirektion: „Von Weisung nichts bekannt“

„Von einer Weisung kann keine Rede sein, das kann auch belegt werden“, hieß es indes von Andrea Graf aus der Bildungsdirektion, die „mit großer Verwunderung“ aus den Medien von dem „vermeintlichen ‚Maulkorb-Erlass‘“ erfahren habe: „Als Abteilungsleiterin des steirischen Zentralraums habe ich am Donnerstag mit der genannten Schulleiterin telefoniert. Wir haben ein sehr freundliches Telefonat geführt und sind überein gekommen, dass sie kommenden Donnerstag in Wien selbstverständlich bei diesem Pressegespräch teilnehmen wird.“

Seitens der Bildungsdirektion werde allerdings kein Dienstauftrag zur Teilnahme an der besagten Veranstaltung erteilt, „zumal dieses Pressegespräch in der unterrichtsfreien Zeit (während der steirischen Semesterferien) stattfindet und die Bildungsdirektion zum derzeitigen Zeitpunkt zu diesem Thema kein offizielles Statement geplant hat“, so Graf.