Chronik

Dschihadistenprozess: Experte am Wort

Im Grazer Straflandesgericht ist am Dienstag der Prozess gegen elf mutmaßliche Dschihadisten fortgesetzt worden. Am Wort war erneut der Islamismus-Experte Guido Steinberg. Am Mittwoch könnte es ein Urteil geben.

Die Angeklagten – acht Männer und drei Frauen – müssen sich wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung, der kriminellen Organisation und der staatsfeindlichen Verbindung verantworten.

„Die einzig wahren Muslime“

Guido Steinberg hatte bereits im November 2019 seine Einschätzung der Schriften und Predigten der Beschuldigten dargelegt – mehr dazu in Gutachter beim Dschihadistenprozess (27.11.2019). Der Ankläger hatte den Erstangeklagten als Anhänger der Takfiristen bezeichnet – diese Gruppe bezeichne sich als „die einzig wahren Muslime. Sie halten selbst Dschihadisten für ungläubig“, so der Gutachter.

Der Experte erläuterte dann, wie sich die Gruppe der Takfiristen zunächst ruhig verhalten habe und lediglich abgesondert von anderen gelebt habe. „Ihnen ist der strenge Monotheismus wichtiger als der bewaffnete Kampf“, führte der Sachverständige aus. Die Dschihadisten hingegen würden es als ihre Pflicht ansehen, sich dem Kampf der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) anzuschließen.

Sogar dem IS zu extrem

Einige Takfiristen-Führer und Prediger waren beim IS, wurden dort aber entfernt oder hingerichtet, weil sie der Organisation zu extrem waren. Beim Erstangeklagten fand er „Hinweise, dass es sich um einen Takfiristen handelt“ – kennzeichnend dafür sei die „Verwendung von IS-typischem Vokabular“. Der Prediger sei nach Meinung des Sachverständigen „eine Autoritätsperson für die Mitglieder der Taqwa-Moschee gewesen“.

Aufruf, sich dem IS anzuschließen, „unwahrscheinlich“

Dass der angeklagte Prediger dazu aufgerufen habe, nach Syrien zu gehen und sich dem IS anzuschließen, hielt Steinberg für „unwahrscheinlich“: Die Takfiristen würden nicht zum Kampf aufrufen, weil sie derzeit zu schwach seien. In Bezug auf die Ausreise habe es aber nach Meinung des Gutachters „keine einheitliche Position in der Moschee gegeben“: Einige seien offenbar der Meinung gewesen, „der IS sei einen Versuch wert“, so Steinberg; daher wanderten auch einige Familien aus, ein Teil kehrte aber nach einigen Monaten wieder zurück.

Urteil am Mittwoch möglich

Gegen Mittag wurde das Beweisverfahren abgeschlossen. danach wurden die Fragen an die Geschworenen verlesen. Mit einem Urteil wird am Mittwoch gerechnet.