Landesgericht Graz
ORF.at/Roland Winkler
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Gericht

Urteile im Dschihadistenprozess erst am Donnerstag

Die Urteile im Grazer Dschihadistenprozess gibt es erst am Donnerstag – der Prozess wurde am Mittwoch nach den Schlussplädoyers vertagt. Der Staatsanwalt sprach darin von „Islamistischen Zellen“, ein Verteidiger von „Demagogie“.

Die Angeklagten – acht Männer und drei Frauen – müssen sich wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung, der kriminellen Organisation und der staatsfeindlichen Verbindung verantworten. Am Dienstag war noch einmal der Islamismusexperte Guido Steinberg am Wort – mehr dazu in Dschihadistenprozess: Experte am Wort.

„Faschistische Ideologie“

Anschließend prangerte der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer einmal mehr die „faschistische Ideologie des IS“ an. Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sei auch prägend für den Grazer Taqwa-Verein gewesen: „Ein weltweites Kalifat, basierend auf der Scharia, war auch Ziel des Taqwa-Vereins“, sagte der Ankläger.

„Islamistische Zellen“

„Islamistische Zellen in Österreich“ wie der Taqwa-Verein hätten auf die Kinder eingewirkt: „Sie bekommen hier eine Ideologie vermittelt, die sie zu Terroristen macht“, war der Staatsanwalt überzeugt. „Wenn Kinder in die Fänge solcher Leute kommen, sind sie machtlos“, verwies er auf jene Eltern, die als Zeugen vor Gericht mehrfach angegeben hatten, nichts über den Verbleib ihrer Söhne zu wissen.

„Brauchen wir diesen ideologischen Mist?“

Im Taqwa-Verein sei es nur darum gegangen, „Kinder für den Krieg zu erziehen. Es war nie ein normaler Glaubensverein, hier wurde die faschistische Ideologie des IS verbreitet“, war der Staatsanwalt überzeugt und setzte nach: „Brauchen wir diesen ideologischen Mist?“

Muslime hätten in Österreich mehr Rechte als in jedem muslimischen Land, müssten sich aber genauso an die Gesetze halten: „Wenn sie nicht so leben wollen, sollen sie verschwinden. An unserem Rechtsstaat gibt es nichts zu relativieren“, sagte der Ankläger.

Verteidiger kritisierte Ankläger scharf

Der Verteidiger des angeklagten Predigers übte am Mittwoch in seinem Plädoyer scharfe Kritik an Anklage und Schlussplädoyer des Staatsanwalts, die er „Demagogie“ bezeichnete; außerdem habe er „eine derartige Untergriffigkeit und Missachtung der Höflichkeit“ selten erlebt.

Die Fakten der Anklage ließ er großteils nicht gelten: „Mein Resümee des Beweisverfahrens: Alle Vorwürfe haben sich in keiner Weise verdichtet.“ Der Ankläger habe in demagogischer Manier „alles zum eigenen Vorteil interpretiert und in einem anderen Kontext dargestellt, als er tatsächlich besteht. Nicht gegebene Fakten werden als richtig dargestellt“, so der Verteidiger.

Der Erstangeklagte habe nie in der Taqwa-Moschee gepredigt, er habe auch keinen Einfluss auf diesen Grazer Glaubensverein genommen. Er verwies darauf, dass die Mitbeschuldigten nie ausgesagt hätte, er habe zum Auswandern nach Syrien aufgefordert – dabei hätte er mit seinem Bart und seinen Büchern einen großartigen Sündenbock abgegeben. Tatsächlich habe sein Mandant „überhaupt keinen Einfluss“ auf den Taqwa-Verein gehabt.

„Anklage ist Hypothese“

Auch der zweite Verteidiger, der mit seinem Schlussplädoyer an der Reihe war, betonte einmal mehr: „Die Anklage ist eine Hypothese“. Seiner Meinung nach hätten sich die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft nicht belegen lassen. „Ihre Funktion ist es nicht, auf einer Emotionswelle zu schwimmen“, mahnte der Anwalt die Geschworenen in Hinblick auf die vorgespielten Videos und Fotos, die teilweise Kinder zeigten.

Auch der dritte Verteidiger schlug in dieselbe Kerbe: „Der Staatsanwaltschaft ist der Schuldbeweis nicht gelungen“. Alle drei rieten den Laienrichtern, alle Fragen mit „Nein“ zu beantworten.

Nach den Schlussplädoyers, als die Angeklagten gerade bei ihren abschließenden Bemerkungen waren, unterbrach der Richter die Verhandlung – fortgesetzt wird am Donnerstag. Nach dem Schlusswort des elften Angeklagten beginnen die Laienrichter mit der Beratung, danach soll es die Urteile geben.