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Coronavirus

Psychotherapeuten: „Ängste nehmen zu“

Mit dem durch die Coronavirus-Krise bedingten Ausnahmezustand nehmen auch die Ängste der Menschen zu, bestätigt der steirische Landesverband für Psychotherapie. Ganz oben steht die Angst um die eigene Existenz.

Ausgangsbeschränkungen, Abstand halten, Mundschutz – diese von der Bundesregierung vorgegebenen Maßnahmen sollen die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen, sie schaffen aber auch Distanz und das lässt bei immer mehr Menschen Ängste hochsteigen.

„Wissen nicht, wie es weitergeht“

So hätten nach drei Wochen im Ausnahmezustand etwa paranoide Wahnvorstellungen und Ängste um die eigene Zukunft bei vielen Patienten zugenommen, sagt Ingrid Jagiello, Vorsitzende des steirischen Landesverbandes für Psychotherapie: „Existenzängste vor allem. Die Leute haben ihre Arbeit verloren, und sie wissen nicht wie es weiter geht. Viele Familien sind ja schon von Grund auf verschuldet und können jetzt teilweise ihre Mieten nicht zahlen, ihre Leasingraten nicht zahlen und das führt zu vielen Verunsicherungen und auch zu vielen innerfamiliären Krisen.“

Das derzeit stark eingeschränkte Leben belastet aber nicht nur Menschen mit psychischen Erkrankungen, führt Jagiello weiter aus: „Wir stimmen diesen Isolationsmaßnahmen zu, wir können nachvollziehen. Wir können uns teilweise auch gedanklich distanzieren. Aber selbst gesunde Menschen leiden darunter und es löst ein gewisses Unbehagen bei uns allen aus.“

Therapeuten weiterhin für Menschen da

Ingrid Jagiello und ihre rund 800 steirischen Kollegen sind daher weiterhin für Patienten da, derzeit verstärkt über Videotelefonie. In besonderen Krisensituationen auch persönlich, in der Praxis und hier zeige sich laut Jagiello, dass es auch Patienten gibt, die ihre Welt durch die Krise jetzt mit anderen Augen sehen können. So kommen etwa aus Familien Rückmeldungen, „wie: ich hab gar nicht gewusst, wie gut ich kochen kann und wie lustig Brettspiele mit den Kindern am Abend sein können. Das heißt, da sind wir wieder bei dem Punkt, dass jede Krise doch auch Chancen in sich birgt.“

Seine eigenen Bedürfnisse, Ängste und Sorgen hintanzustellen, weil Corona für viele Menschen noch viel größeres Leid bringe, sei dagegen ein gut geglaubter, aber falscher Denkansatz, so Jagiello. Daher sollte professionelle Hilfe rechzeitig angenommen werden, um Langzeitfolgen zu verhindern.