Krankenbett
APA/Helmut Fohringer
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Coronavirus

CoV und der schmale Grat

Während anderswo Mediziner über Leben und Tod von Covid-19-Patienten entscheiden müssen, ist Österreich davon noch weit entfernt. Dennoch müssen sich Ärzte Gedanken darüber machen – und sie sollten im Team entscheiden, sagt ein Grazer Ethik-Experte.

Die CoV-Pandemie stellt Ärzte in vielen Ländern derzeit wohl vor die schwierigste Entscheidung ihres bisherigen beruflichen Lebens: In Italien, Frankreich oder Spanien fehlt es aufgrund der enorm hohen Zahl an schwer Erkrankten an Intensivbetten oder Beatmungsgeräten – Mediziner müssen entscheiden, wer ein Beatmungsgerät und somit die Chance bekommt zu überleben.

Triage

Triage ist ein Begriff, der in der breiten Öffentlichkeit vor Coronoavrius-Zeiten nicht oft gefallen ist und der eigentlich aus der Kriegsmedizin stammt, „also aus einer Situation, in der man die Ressourcen nicht hatte, um alle wirklich gut zu behandeln, und da hat man dann aussortieren müssen“, sagt Reinhold Esterbauer vom Institut für Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Graz.

Transparenz und klare Kritierien

Das Wichtigste sei jetzt, alle Vorkehrungen zu treffen, damit es gar nicht soweit kommt – das sei bis jetzt in Österreich auch geschehen, sagt Esterbauer, „denn eine solche Situation lässt sich moralisch kaum glatt lösen, sondern das ist eine Konfliktsituation. Wichtig dabei ist, dass man diese Entscheidung nicht Einzelnen überlässt, sondern dass das immer ein Team machen soll, also dass die Verantwortung auch geteilt wird“.

Für sehr wichtig hält der Ethik-Experte auch Transparenz und klare Kriterien: „Es kann nicht das eine Krankenhaus nach diesen Kriterien, das andere nach anderen entscheiden. Da bräuchte es schon eine bundesweite Entscheidung, wie so etwas erfolgen soll. Das ist auch ganz wichtig für das Verständnis der Bevölkerung, weil sonst kann man sagen: Schau, dass du in dieses Krankenhaus kommst, wenn Du älter bist, oder in jenes, da wirst du unterschiedlich behandelt“, so Esterbauer.

Als problematisch sieht es Reinhold Esterbauer an, die Entscheidung der Behandlung vom Lebensalter abhängig zu machen, „weil damit klar gemacht würde, dass der Mensch, der junge und der alte Mensch, unterschiedliche Werte haben, das heißt, sie haben nicht die gleiche Würde. Das ist moralisch oder ethisch unzulänglich.“

Über moralische Grenzen hinaus

Klar ist aber – es muss über die moralischen Grenzen hinweg entschieden werden, wer bei zu wenig Ressourcen behandelt wird und wer nicht, sagt der Experte: „Das, was wohl am ehesten ginge als Entscheidungskriterium, ist, dass man sagt, für welchen Patienten hat diese Behandlung den höchsten Erfolg, unabhängig davon, wie alt die Person ist oder davon, ob die Person nachher lange leben wird oder nicht lange leben wird.“

Die Helden des letzten Wegs

Zu den schwersten Entscheidungen in der Coronavirus-Krise zählt jene zwischen Sicherheit und würdiger Sterbebegleitung. Oft führt diese Entscheidung auch für die Menschen, die Kranke und Sterbende auf ihrem letzten Weg begleiten, zum Tod – mehr dazu in Die Helden des letzten Wegs (religion.ORF.at).