Shopping City Seiersberg
ORF.at/Christian Öser
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Politik

SC Seiersberg: Einzelstandortverordnung beschlossen

Die Landesregierung hat am Donnerstag die umstrittene Einzelstandortverordnung für die Shopping City Seiersberg beschlossen. Für die Regierungsspitze habe damit ein „umfassend geführtes Behördenverfahren sein Ende gefunden“.

„Der Gesamtprozess nahm vier Jahre in Anspruch, in denen die Behörde auf der Grundlage zahlreicher Untersuchungen und Gutachten, Studien und Analysen sowie vieler Anhörungen und Diskussionen einen Entwurf für eine Einzelstandortverordnung gemäß den gesetzlich festgelegten Kriterien erstellt hat. Mitte April sprach sich auch der Steirische Raumordnungsbeirat mit einer Empfehlung für diese Verordnung aus“, begründete die schwarz-rote Koalition in einer Aussendung am Donnerstag und nannte auch rund 2.000 Beschäftigte, die in dem Einkaufszentrum arbeiten, sowie die große Bedeutung für die Wertschöpfung in der Region – mehr dazu in Wohl Einzelstandortverordnung für SC Seiersberg (16.4.2020).

EU will Auskunft

Der Verfassungsdienst, die Europaabteilung und die Abteilung 13 des Landes Steiermark hätten zuletzt geprüft, welche potenziellen Konsequenzen das vor zwei Wochen für sie überraschend eingetroffene Auskunftsersuchen der EU-Kommission haben könnte – mehr dazu in Shoppingcity Seiersberg: EU will Auskunft (24.4.2020).

Die Überprüfung habe ergeben, „dass einem Beschluss der Einzelstandortverordnung nichts entgegensteht“. Man blieb auf dem Standpunkt – gestützt durch ein externes Gutachten –, dass eine sogenannte Strategische Umweltprüfung (SUP) in diesem konkreten Fall nicht erforderlich sei – nach einer solchen SUP hatte sich die EU-Kommission nämlich erkundigt.

Nun wolle man im laufenden Auskunftsersuchen der Kommission eine entsprechende Stellungnahme abgegeben, „in der ausführlich dargelegt wird, warum im gegenständlichen Fall von einer SUP abgesehen wurde“, hieß es weiter in der Aussendung der Landesregierung.

Weiter rechtliche Bedenken

Erst am Mittwoch hatten die steirischen Grünen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) einen offenen Brief mit den rechtlichen Bedenken geschickt, um ihn doch noch zu einem Einlenken zu bewegen. Gefruchtet hat das aber ebenso wenig wie die jahrelangen Bemühungen der Grazer Einkaufszentren gegen die unterschiedlichen Lösungen der Landesregierung: Die Grazer Kaufleute werfen den Behörden eine Art Anlassgesetzgebung vor. Außerdem haben dem Vernehmen nach auch vier Einkaufszentren in Slowenien eine Beschwerde wegen Wettbewerbsverzerrung, Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels und unerlaubter Bevorzugung eines einzelnen Unternehmens bei der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission eingebracht.

Harte Kritik von der Opposition

Grünen-Sprecher Lambert Schönleitner kritisierte den Beschluss als „skrupellose Untergrabung des Rechtsstaats durch die Landesregierung“. NEOS-Klubobmann Niko Swatek meinte: „Die beschlossene Sonderverordnung ist ein Schlag ins Gesicht der Steirerinnen und Steirer. Statt die Shopping City auf rechtsstaatlich sicheren Boden zu holen, rollt man lieber den rot-schwarzen Teppich der Sonderregeln aus und ignoriert diesmal nach Kritik des Rechnungshofes und des Verfassungsgerichts, sogar die Europäische Kommission.“

KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler sagte: „Statt dafür zu sorgen, dass sich die Betreiber an die Gesetze halten, werden einfach die Regeln verbogen. Alle müssen sich an die Gesetze halten, manche scheinen davon allerdings ausgenommen zu sein. Dabei darf man nie vergessen, dass Seiersberg in keinem Fall von der Schließung bedroht wäre, sondern nur umbauen müsste. In Graz dagegen sind tatsächlich zahlreiche Arbeitsplätze in Gefahr und bereits verloren gegangen, weil die Kaufkraft abgezogen wird.“

Verfassungsgerichtshof-Entscheidung steht noch aus

Die Shoppingcity Seiersberg ist das größte Einkaufszentrum der Steiermark. Sie liegt südlich von Graz in der Gemeinde Seiersberg-Pirka und hat rund 85.000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Der Komplex besteht eigentlich aus fünf Häusern, die durch Brücken – sie werden rechtlich als sogenannte Interessentenwege geführt – verbunden sind. Mittels der Interessentenwege können Kunden direkt unter Dach von Gebäude zu Gebäude gehen.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hob diese Rechtskonstruktion aber auf, das Land reagierte daraufhin mit einem neuen Straßengesetz. Demnächst wird der VfGH aber auch bei der „Reparatur“ entscheiden, ob diese verfassungswidrig war oder nicht – die Zeichen deuten eher auf nicht ordnungsgemäß hin. Das würde bedeuten, dass die Verbindungen abgerissen werden müssten oder gar das Einkaufszentrum schließen muss – außer es wird eine neue gesetzliche Grundlage gefunden. Das ist nun mit der Einzelstandortverordnung geschehen.