Ausbau Gewaltschutz
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Coronavirus

Gewaltopfer im Supermarkt erreichen

Das Land verstärkt seine Bemühungen im Kampf gegen Gewalt: Weil Gewaltopfer vor allem zu Hause unter Druck stehen, möchte man sie dort erreichen, wo es unverdächtig ist. Das Land ging dazu eine Kooperation mit einer Supermarktkette ein.

Um auf das Thema aufmerksam zu machen und mehr Betroffene möglichst einfach und unauffällig zu erreichen, ging man eine österreichweit bisher einzigartige Zusammenarbeit mit der Supermarktkette Spar ein. Die Opfer sollen im Vorbeigehen – möglichst unverdächtig – beim Einkaufen erreicht werden.

Frauen sollen im Alltag erreicht werden

Die Verantwortlichen rechnen damit, dass sich mit der Zunahme der Lockerungen auch wieder mehr Gewaltopfer bei den Anlaufstellen melden werden. 85 Prozent der Gewaltopfer in der Steiermark sind Frauen. Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) sagt, man wolle mit dem Thema in die Breite kommen, und durch die Kooperation mit Spar werde das gut gelingen, weil sehr viele Frauen, die einkaufen gehen und den Alltag erledigen, jetzt an Informationen kommen, die sie sonst möglicherweise nicht hätten.

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Marina Sorgo, Doris Kampus, Christoph Holzer

„Wir legen 25.000 Folder auf mit Nummern, wo man sich Hilfe holen kann, wir hängen Plakate auf, und auf den Kassabons wird unten die Nummer des Gewaltschutzzentrums aufgedruckt sein“, sagt Kampus.

„Nach Shutdown trauen sich Frauen wieder, Hilfe zu holen“

Der Zeitpunkt wurde bewusst gewählt – und er hat mit der Coronaviruskrise zu tun: Während der Shutdown-Phase sei die Zahl der an das Gewaltschutzzentrum herangetragenen Fälle in der Steiermark konstant geblieben, sagte dessen Leiterin Marina Sorgo, aber die Fälle, die die Polizei an das Gewaltschutzzentrum vermittelt habe, seien sehr heftig gewesen. „Ich denke, dass in den Familien, wo die Gewalt vielleicht weniger ausgeprägt war, die Frauen sich nicht getraut haben, Hilfe zu holen, aber sie trauen sich jetzt nach dieser Zeit wieder, Unterstützung zu suchen.“

Probleme werden sich erst in den nächsten Monaten zeigen

Was womöglich in den vergangenen Wochen hinter den Fassaden geblieben ist, werde in den nächsten Wochen und Monaten an die Oberfläche kommen, begründet Spar-Steiermark-Geschäftsführer Christoph Holzer das Engagement: „Corona ist erst der Beginn. Die Zeit, die jetzt teilweise für Familien kommt, mit wirklichen wirtschaftlichen Problemen, wird das Thema Gewalt noch virulenter machen – und damit ist es jetzt umso wichtiger.“

Auch in Regionen soll es mehr Anlaufstellen geben

Man habe jetzt eine große Krise auf dem Arbeitsmarkt: 250.000 Menschen in der Steiermark seien arbeitslos oder in Kurzarbeit – mehr dazu in Land und AMS präsentierten CoV-Stiftung. Dadurch würden weniger Geld verdienen und das wiederum schüre Sorgen, so Kampus (SPÖ) – und dieser Druck, der in den Familien gespürt wird, könne auch zu mehr Gewalt führen. Die Soziallandesrätin will den Schutz vor Gewalt auch in den Regionen ausbauen: So sei man derzeit dabei, in jeder Region eine sogenannte Schutzwohnung für Gewaltopfer einzurichten.