Chronik

Fünf Jahre Amokfahrt: Als Graz erstarrte

Vor fünf Jahren hat sich ein entspannter Samstagvormittag in einen Albtraum verwandelt: Alen R. raste mit seinem Auto durch die Grazer Innenstadt – drei Menschen starben, 36 wurden schwer verletzt. Die Schmerzen sind auch heute noch allgegenwärtig.

Am 20. Juni 2015 bekam das Flanieren in der Grazer Innenstadt von einer Sekunde auf die andere einen schalen Beigeschmack: Minutenlang fuhr Alen R. mit seinem grünen Geländewagen durch die Innenstadt, er raste durch die Fußgängerzone, tötete dabei drei Menschen, 36 weitere wurden schwer verletzt.

„Wir wurden mit voller Wucht getroffen“

Einer von ihnen ist Helmut Leitner. Er war Opfer Nummer 15 – zumindest ist das damals so in grüner Farbe auf dem Gehsteig markiert gewesen. Die Stelle, wo er mit seiner Familie mit den Fahrrädern unterwegs war und niedergestoßen wurde: „Wir wollten unsere Fahrräder abstellen und wurden dann mit voller Wucht getroffen, und wenn man die Bilder der beiden Fahrräder sieht, dann kann man erahnen, mit welcher Wucht wir getroffen wurden.“

Amokfahrt in Graz
APA/ELMAR GUBISCH

Helmut Leitner und sein Sohn erlitten lebensgefährliche Verletzungen; er musste fünf Mal am Bein operiert werden.

„Da gab es blankes Entsetzen“

Kurz davor war der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) mit seiner Vespa in der Nähe vom Griesplatz unterwegs und wurde selbst beinahe Opfer. Er leistete Erste Hilfe und musste dabei auch einem der Todesopfer in die Augen schauen: „Ich denke, da geht es mir gleich wie allen Menschen, die dabei waren: Da gab es blankes Entsetzen, dass so etwas überhaupt möglich ist, und den Erinnerungsschmerz gibt es nach wie vor in mir. Ich glaube, dass diese Stunden niemand vergessen wird, der dabei war, und ich hoffe nach wie vor inniglich, dass die Familien, die betroffen waren, mit der schwierigen Situation gut umgehen können.“

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Amokfahrt in Graz
APA/ELMAR GUBISCH
Amokfahrt in Graz
APA/ERWIN SCHERIAU
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Amokfahrt in Graz
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Amokfahrt in Graz
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Amokfahrt in Graz
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Siegfried Nagl wird an diesem Samstag nicht in der Grazer Innnestadt unterwegs sein. In den bangen Stunden vor fünf Jahren faszinierte den Bürgermeister aber eines: „Dieses Zusammenstehen aller Menschen, dieses Mithelfen von allen, das Erleben, dass Gemeinschaft zwar verletzlich ist, aber dass Gemeinschaft auf der anderen Seite aber auch dann in der Krise und bei solchen Taten funktioniert, dass ich mich auf die Grazerinnen und Grazer verlassen kann.“

Fünf Jahre nach der Amokfahrt von Graz

Fünf Jahre nach der Amokfahrt heilen die Wunden bei vielen Beteiligten nur langsam – Thomas Weber hat mit einigen von ihnen gesprochen.

„Es ist immer präsent“

Der Täter wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, die seelischen Wunde bei den Betroffenen werden wohl nie ganz verheilen – für Helmut Leitner ist es schwer, wieder in der Innenstadt unterwegs zu sein: „Es ist immer präsent, man kann das Ereignis weder vergessen, noch wegstecken, und spätestens, wenn man Schmerzmittel braucht, und ich muss voraussichtlich bis an mein Ende mit Einschränkungen und Schmerzen leben, und dann ist es nicht so einfach, so etwas zu verdrängen, für mich geht das nicht.“