Chronik

Erklärtafeln für umstrittene Grazer Denkmäler

Nach Zusatztafeln für Grazer Straßennamen mit umstrittenem historischen Hintergrund bekommen in Graz nun auch umstrittene Denkmäler und Gedenksteine Erklärtafeln zur Seite gestellt.

Im Zuge der Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus sind bereits zahlreiche Statuen in den USA und der ganzen Welt demontiert worden – mehr dazu in Debatte über Protest und Symbolpolitik (news.ORF.at, 12.6.2020).

„Monsterprojekt“ über mehrere Jahre

Um Akten wie diesen in der steirischen Landeshauptstadt vorzubeugen, sollen umstrittene Grazer Denkmäler und Gedenktafeln nun mit Infotafeln ausgestattet werden, auf denen sie historisch erklärt werden. Ähnliches wurde im Gemeinderat bereits für alle nach Personen benannte Straßen beschlossen – mehr dazu in Infotafeln für Grazer Straßenschilder (21.6.2020).

Ein entsprechender Beschluss auch für Denkmäler soll nun folgen. Von einem „Monsterprojekt“ spricht in diesem Zusammenhang der Grazer Kulturstadtrat Günter Riegler (ÖVP), denn das Vorhaben werde vermutlich mehrere Jahre brauchen.

Beschmierte Büste am Schloßberg

Erst vor einigen Wochen wurde die Büste des deutsch-nationalen Dichters Hans Kloepfer (1867-1944) auf dem Grazer Schloßberg zur Reinigung beschmiert – in diesem Zusammenhang forderte die KPÖ im Gemeinderat eine kritische Kontextualisierung, was nun so gut wie beschlossene Sache zu sein scheint.

Otto Hochreiter, Direktor des GrazMuseums, bestätigte gegenüber der APA, dass sowohl die Kloepfer-Büste als zwei andere von der KPÖ beanstandeten Denkmäler erklärende Zusatztafeln bekommen sollen – dazu gehört das Denkmal für die Vertriebenen aus dem heute slowenischen Teil des ehemaligen Herzogtums Steiermark und die hinter einer Schrifttafel eingemauerte Urne des im Dritten Reich populären Dichters Rudolf Hans Bartsch (1873-1952).

Entfernung der Denkmäler derzeit kein Thema

Eine Entfernung der Denkmäler dürfte dagegen kein Thema sein – auch das war ein Wunsch der KPÖ, die Urne Bartsch betreffend. Diese Forderung empörte vergangene Woche die FPÖ, aber auch Museumsdirektor Hochreiter kann einer Verlegung der Urne nichts abgewinnen. „Ich bin kein Geschichtsvernichter“, so Hochreiter. Ihm sei es wichtig, Geschichte, insbesondere solche mit „Doppelcharakter“, in eine „strenge europäische Perspektive“ zu bringen.

Die Erläuterung der slowenischen Perspektive des Untersteirer-Denkmals glaubt Hochreiter bei seinen Mitarbeitern in besten Händen: „Wir haben genug Kapazitäten, um auch die slowenische Forschung mit einzubeziehen.“

Über 700 Straßen „erklärungswürdig“

Als erster Schritt sollen im Herbst die ersten 30 „besonders belasteten“ Straßennamen mit historischen Erklärungstafeln versehen werden – insgesamt sind es laut dem Leiter der zuständigen Historikerkommission Stefan Karner über 700 Tafeln. Die Textvorschläge dafür sollen bis März kommenden Jahres vorliegen.

Bei den Straßennamen stand zuletzt etwa die Kernstockgasse im Grazer Griesviertel im Rampenlicht: Die KPÖ wünscht sich diesbezüglich eine Umbenennung zu Ehren des Ende Mai verstorbenen Literaten Alfred Kolleritsch – mehr dazu in Alfred Kolleritsch ist tot (29.5.2020).

Stadtrat Riegler verweist auf den geltenden Gemeinderatsbeschluss, wonach es keinerlei Umbenennungen geben soll. „Ich hoffe aber, dass es bald einmal eine Kolleritsch-Gasse gibt“, sagte er im APA-Gespräch und verweist auf die Möglichkeit, eine Straße in einem der neu entstehenden Stadtteile Reininghaus oder Smart-City nach dem steirischen Schriftsteller zu benennen.