Landesgericht Graz, Akten
APA/Erwin Scheriau
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Chronik

Tödliche Messerstiche: 28-Jähriger eingewiesen

Ein 28-Jähriger ist am Dienstag in Graz von einem Geschworenensenat in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Er soll im Februar auf eine zweifache Mutter 19 Mal eingestochen und sie dabei tödlich verletzt haben.

Im Grazer Straflandesgericht ist am Dienstag die Tötung einer jungen Frau im Mittelpunkt eines Geschworenenprozesses gestanden. Ein psychisch Kranker hatte im Februar eine ihm völlig Fremde mitten auf der Straße durch 19 Messerstiche so schwer verletzt, dass sie am nächsten Tag starb – mehr dazu in Opfer nach Messerattacke in Graz gestorben (05.02.2020). Ein Motiv für die Tat gab es nicht, der Mann gilt als nicht zurechnungsfähig.

Der Verdächtige wurde Dienstagnachmittag als nicht zurechnungsfähig eingestuft. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Verfolgungswahn als Auslöser

„Eine unvorstellbare Tat, die auch mich als erfahrenen Staatsanwalt trifft“, leitete Ankläger Hansjörg Bacher Dienstagvormittag sein Eröffnungsplädoyer ein. Er beschrieb, wie der 28-Jährige unter Verfolgungswahn gelitten und sich „wie eine Marionette“ gefühlt habe. Er war erst am 3. Februar 2020 aus der Psychiatrie entlassen worden, am 4. geschah bereits die Tat – mehr dazu in Am Tag vor Messerattacke aus Psychiatrie entlassen (06.02.2020).

Zur Mittagszeit sah er eine 33-Jährige, die er nicht gekannt hatte, auf der Straße. „Er stellte sich neben sie und begann sofort, mit dem Messer auf sie einzustechen.“ Die Frau fiel auf den Rücken, er stach laut Staatsanwalt weiter auf sie ein. Der Gerichtsmediziner zählte mindestens 19 Stiche, die letztlich zum Tod geführt hatten. „Sie hatte keine Chance, sich zu wehren“, beschrieb Bacher.

Prozess wegen Mordverdachts
APA/Karin Zehetleitner

Couragierte Helfer

Ein Passant sprang aus seinem Auto und trat dem Zustechenden gegen den Kopf, sodass dieser von seinem Opfer abließ. Ein Arzt, der gerade vorbeikam, kümmerte sich sofort um die Frau. Zeugen berichten am Dienstag vor Gericht, die Frau sei zunächst ansprechbar gewesen. „Ich habe zwei Kinder“, soll sie gesagt haben, ehe sie bewusstlos geworden ist, berichtet einer von mehreren Passanten, die eingeschritten sind und Hilfe leisten wollten. Trotz sofortiger Hilfe war das Opfer nicht zu retten.

Auch der Verteidiger bemerkte, er habe „so einen Fall bis heute noch nie verhandeln müssen.“ Die 33-Jährige sei „ein Zufallsopfer“ gewesen. Sein Mandant habe die Tat gleich gestanden. Einer der Auslöser könnte gewesen sein, dass der 28-Jährige „seine Medikamente nachlässig oder gar nicht genommen hat“.

Angeklagter habe Stimmen gehört

Der Betroffene wirkte bei der Verhandlung völlig benommen und beantwortete nahezu alle Fragen des Richters mit „ja“. Er gab an, er sei „allgemein deprimiert“ gewesen. Seit seinem Suizidversuch 2018 habe er immer wieder Stimmen gehört. Am 4. Februar, einen Tag nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, habe er eine „extreme Anspannung“ empfunden. Als er die Frau auf der Straße sah, habe er den „Drang zum Stechen“ gehabt.

Der psychiatrische Sachverständige Christoph Ebner hatte den Betroffenen als nicht zurechnungsfähig eingestuft. „Er war nicht mehr Herr seiner selbst und hat einfach drauf los gestochen“, meinte der Gutachter. Seiner Meinung nach seien bei dem 28-Jährigen weiterhin schwere Straftaten zu befürchten.

Krankheit durch Absetzen der Medikamente ausgebrochen

Nachdem der Betroffene am 3. Februar aus dem Krankenhaus nach Hause ging, dürfte er sofort die Medikamente abgesetzt haben, vermutete der Gutachter. Dadurch konnte die Krankheit wieder voll ausbrechen. Sie ziehe eine „Störung der Wahrnehmung, des Denkens und der Gefühlleistung“ nach sich, beschrieb der Psychiater. Mittlerweile sei der 28-Jährige seit Februar in Behandlung, trotzdem sei die Psychose noch da, betonte der Experte.