Nach wie vor sind Aufbau und Verhalten von Kometen, die die Urmaterie bis heute konservieren und für uns daher ein Fenster in die Entstehungszeit des Sonnensystems sind, noch nicht zur Gänze erforscht: „Um Kometen zu verstehen, braucht es ein Dreigespann an Zugängen: Messdaten von Kometenmissionen, mathematische Simulationen und Labor-Experimente“, erläuterte Günter Kargl vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gegenüber der APA.
Laborexperimente zur Klärung der Fragezeichen
Zum Beispiel habe man sich bei der Mission „Rosetta“ einige Verhaltensmuster an der Oberfläche des Kometen so nicht erwartet und seien Messergebnisse einfach „verwirrend“ gewesen. Jetzt gehe es den Forschern unter anderem darum, die Abweichungen zu analysieren und die Modelle und Entstehungstheorien für Kometen an die neuen Erkenntnisse anzupassen. Genau hier kommen die Laborexperimente ins Spiel.

„Als bei der Präsentation der ‚Rosetta‘-Ergebnisse immer neue Fragen auftauchten, sprach ich mit Kollegen darüber, dass es eigentlich nötig wäre, ein neues Laborprogramm aufzuziehen, nur eben mit Methoden der 2000er-Jahre, mit besserer Messtechnik“, erinnerte sich der studierte Geophysiker und Astronom. Er initiierte daraufhin eine Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der österreichische Teil des seit zwei Jahren laufenden Projektes wird vom Wissenschaftsfonds FWF finanziert und von Kargl geleitet.
Internationales Interesse
Seither sei das Interesse daran förmlich explodiert, so Kargl. „Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Berlin ist eingestiegen, das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung aus Göttingen, aber auch die Chinese Academy of Science and Technology.“ Alle diese Institute sind auf eigene Kosten dabei und steuern auch Equipment zum „CoPhyLab – Comet Physics Laboratory“ bei.
„Zwangsläufig“ verwende man im Labor nicht Material, das von Kometen kommt, vielmehr suche man Analog-Materialien, erklärte Kargl: „Diese haben nicht den Zweck, das Material eins zu eins abzubilden, sondern müssen für gewisse Prozesse ähnliches Verhalten zeigen“, erklärte der Forscher. Das sei umso schwieriger, als die Konsistenz des Materials sehr stark variieren kann: „Frisches oder sehr trockenes Material von Kometen kann fast so locker wie Zigarettenasche sein. Durch Wärme und andere Prozesse kann es aber auch so fest wie Beton werden. Es gibt eine unglaubliche Bandbreite.“, so Kargl.
Kleinere Experimente als Basis
Mit kleineren Experimenten soll eine Basis geschaffen werden, um einige größere Experimente vorzubereiten, die in einer großen Vakuumkammer am Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik der Technischen Universität Braunschweig durchgeführt werden sollen. In Kürze steht das erste Groß-Experiment an, das über mehrere Wochen laufen soll. Kleinere Experimente wurden bereits abgewickelt und laut Kargl gebe es auch in Graz bereits interessante Ergebnisse.