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Wirtschaft

ATB Spielberg: Produktion wird eingestellt

Das Konkursgericht hat noch am Mittwochabend der ATB AG den Zuschlag für den Maschinenpark der ATB GmbH in Spielberg erteilt. Die Produktion werde daher eingestellt, teilte die ATB-Gruppe in einer Aussendung mit. Betriebsrat und Arbeiterkammer sagen nun den Kampf an: Sie wollen den Abtransport der Maschinen verhindern.

„Die Produktion in Spielberg wird daher, wie angekündigt, eingestellt und die betreffenden Produktionsmittel innerhalb der ATB Gruppe aufgeteilt und verlagert“, heißt es in der Aussendung der ATB-Gruppe. Der Zuschlag ermögliche der ATB-Gruppe „größtmögliche Kontinuität für Kunden und Lieferanten“.

Kein „umsetzbares“ Kaufangebot eingebracht

Die Sanierung der GmbH könne somit planmäßig umgesetzt werden. Außerdem stellte die ATB AG klar: „Es ist richtig, dass in unterschiedlichen Formen Interesse an einer Übernahme der ATB Spielberg geäußert wurde. Doch keiner der öffentlich genannten Investoren hat schließlich ein Kaufangebot beim Sanierungsverwalter eingebracht, das den gegebenen Rahmenbedingungen der Ausschreibung gerecht wurde oder auch nur annähernd betriebswirtschaftlich sinnvoll und umsetzbar gewesen wäre.“

Laut Masseverwalter Gernot Prattes lagen insgesamt vier Angebote für das Unternehmen am Tisch. Ein Angebot des früheren Werkeigentümers Mirko Kovats stieß bereits im Vorfeld auf Unverständnis – mehr dazu in ATB Spielberg: Zwei „ernstzunehmende“ Angebote (13.8.2020).

„Hoffnungen für Mitarbeiter zerschlagen“

Der ATB-Gruppe sei bewusst, dass „die intern wie extern geschürten Hoffnungen, die der Belegschaft in den vergangenen Tagen gemacht wurden, nun zerschlagen sind. Jedoch ist es dem Unternehmen nicht möglich, die an diesen Meldungen Beteiligten daran zu hindern, Vorgänge in den Medien öffentlich zu diskutieren.“

Den Mitarbeitern will das Unternehmen für die Unterstützung bei der Verlagerung „mehr als angemessene Incentivierungspakete“ anbieten. Zudem sei die ATB-Gruppe bereit, bei Vorliegen entsprechender Konzepte für Fort- und Weiterbildung und zur Abfederung von Härtefällen über entsprechende Hilfsmaßnahmen zu diskutieren. Ende Juli wurden 360 Mitarbeiter des steirischen Antriebsherstellers beim AMS zur Kündigung angemeldet – 360 Kündigungen bei ATB (24.07.2020). Wenige Tage später reichte das Unternehmen dann auch noch Insolvenz ein – mehr dazu in ATB Spielberg insolvent (28.07.2020).

Beschluss noch nicht rechtskräftig

Masseverwalter Prattes werde Donnerstagnachmittag im Zuge einer Betriebsversammlung die betroffenen Dienstnehmer darüber informieren. Er betont aber: „Man muss zuerst einmal festhalten, dass dieser Beschluss des Landesgerichts Leoben derzeit noch nicht rechtskräftig ist. Es gibt hier eine 14-tägige Rechtsmittelfrist und es ist jedem Mitglied des Gläubigerausschusses möglich dagegen ein Rechtsmittel, nämlich, einen Rekurs einzubringen.“

Dieses Rechtsmittel hat nun der Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmer (ISA), eine Tochtergesellschaft der Arbeiterkammer, genutzt und will diese Entscheidung beim Oberlandesgericht bekämpfen. „Wir gehen in Rekurs und werden die Entscheidung beim Oberlandesgericht bekämpfen. Der Eigentümer (die chinesische Wolong-Gruppe, Anm.) hat das offenbar von langer Hand geplant und strategisch durchgestylt“, sagte der steirische AK-Präsident Josef Pesserl bei einem eilig einberufenen Pressegespräch gemeinsam mit den Betriebsratsvorsitzenden am Donnerstag.

Abtransport von Maschinen soll verhindert werden

Die Maschinen sollen zu anderen Standorten der ATB-Gruppe nach Polen und Serbien gebracht werden. 360 Mitarbeiter seien auf die Straße gesetzt worden. „Obwohl es noch keine Entscheidung über die Annahme des Sanierungsverfahrens gibt, weil das erst im Oktober sein wird, werden jetzt Tatsachen gesetzt und zwar durch das Verbringen der Anlagen. Das schlägt für mich dem Fass den Boden aus“, so Pesserl erzürnt. Man wolle „alles unternehmen, um den Abtransport zu verhindern“. Seien die Maschinen einmal weg, würde sich niemand mehr für die „Hülle“ in Spielberg interessieren.

„Wir wurden belogen und betrogen.“

Renate Bauer, Vorsitzende des Betriebsrats der Angestellten der ATB GmbH, glaubt immer noch an den Rechtsstaat und nicht, „dass wir wirklich schon verloren haben“. Der Rekurs beim Oberlandesgericht könnte aufschiebende Wirkung haben, dann dürften bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) die Maschinen nicht weggebracht werden, doch das sei eine Rechtsfrage, die erst zu klären sei, erklärten Pesserl, Bauer und Leitner. Letzterer sprach von einer „Überrumpelungstaktik“ der Verantwortlichen. „Ich glaube, dass auf diese Situation schon Monate, wenn nicht Jahre daraufhin gearbeitet wurde. Wir wurden belogen und betrogen.“

Kritik gab es auch, weil die ATB GmbH noch öffentliches Geld durch die Kurzarbeit in Anspruch genommen habe. Leitner unterstrich, dass die Belegschaft einstimmige Beschlüsse habe: „Wir halten zusammen und kämpfen bis zum Schluss. Es ist eine Schweinerei, wie man da mit Leuten und Gesetzen umgeht.“ Der chinesische Eigentümer würde sich „entledigen“ und verlege die Produktion nach Polen.

Möglicher Investor gefunden

Leitner wies darauf hin, dass ein Investor gefunden worden sei: Die Hamburger Innovation Holding (HIH), die sogar ohne die Einsicht in die Bücher neun Mio. Euro hingelegt hätte und auch noch zu einer Aufstockung des Angebots bereit sei – allerdings nicht nur für den Maschinenpark, sondern für das Gesamtpaket. „Das ist ein Strohhalm, an dem wir uns festhalten“, sagte Leitner.

Bis das OLG entscheidet, werde man den Bescheid des Konkursrichters akzeptieren: „Ein Anketten an Maschinen ist zurzeit nicht denkbar, weil wir würden uns damit strafbar machen und Entlassungen wären denkbar“, so Leitner. Doch sollte das OLG dem Rekurs folgen, wären solche Maßnahmen wieder denkbar, damit die Maschinen nicht abtransportiert werden.

Unsicherheit bei Mitarbeitern

Offen ist, was am Montag passiert: Da kommen die Mitarbeiter aus dem Betriebsurlaub zurück in die Firma. Eine Produktion ist trotz voller Auftragsbücher laut Bauer aber nicht mehr geplant. „Es ist unklar, was am Montag passiert.“ Pesserl nannte es menschenverachtend, dass durch den Betriebsurlaub, den Mitarbeitern die Möglichkeit sich zu wehren genommen werden sollte. Er verstehe nicht, warum im Konkursverfahren derzeit nur die Variante und das Interesse des Schuldners ermöglicht und berücksichtigt werde. „Die gesetzlichen Bestimmungen müssen da evaluiert und verbessert werden.“

Unterstützung von Land

Neben der Arbeiterkammer kündigten auch Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) und Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) an, dass das Land „innovationsorientierte Investitionen in den Betriebsstandort der ATB unterstützen“ würde, wenn dadurch langfristig der Standort abgesichert sei. „Wir sind von der Qualität des Standortes in Spielberg überzeugt und gehen davon aus, dass ein Investor diesen nachhaltig absichern kann. Wir hoffen daher, dass eine entsprechende Lösung gefunden wird“, so die beiden Landesrätinnen in einer Aussendung.