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Wirtschaft

ATB: Aus Kampf um Jobs wurde Kampf ums Geld

Beim insolventen Motorenbauer ATB in Spielberg hat der Betriebsrat am Mittwoch erneut zu einer Betriebsversammlung gerufen – mit dabei auch die SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Dabei wurde klar gestellt, dass nun ums Geld gekämpft werde.

Bereits Ende August wurden beim insolventen Motorenbauer ATB in Spielberg die ersten der rund 360 Mitarbeiter gekündigt – mehr dazu in ATB Spielberg: Produktion wird eingestellt (20.8.2020): Für sie kommt die Aktion des Betriebsrates mit der SPÖ am Mittwoch zu spät, und überhaupt war die Stimmung bei der Betriebsversammlung alles andere als gut.

„Der Kampf hat sich verlagert“

Betriebsratschef Michael Leitner berichtete dabei, dass viele Mitarbeiter von der Geschäftsführung weniger Geld für den September erhalten hätten – dabei sei es um drei Tage im Juli gegangen, die nicht vom Insolvenzfonds übernommen würden. „Dabei sind manchen Mitarbeitern bis zu 800 Euro weniger gezahlt worden, ohne vorherige Benachrichtigung durch die Chefetage.“ Nachträglich sei erklärt worden, dass Mitarbeiter zuvor zu viel Geld erhalten hätten – was von den zahlreichen umstehenden Beschäftigten mit lautem Gelächter quittiert wurde.

Man werde, so Leitner, nun darum kämpfen, die in den letzen Wochen aufgetretenen Unregelmäßigkeiten bei der Lohnauszahlung zu stoppen: „Diese Vorkommnisse, die können wir einfach nicht akzeptieren, und aus diesem Grund werden wir unseren Kampf auch fortsetzen. Wir haben jetzt rund zwei Monate um 360 Arbeitsplätze gekämpft, und der Kampf ist nicht vorbei, der Kampf hat sich verlagert – jetzt kämpfen wir darum, dass wir unser Geld bekommen, und dass wir die nächsten Monate auch unser Geld bekommen.“

Die ersten Kündigungen würden mit Ende Oktober wirksam, die letzten mit Februar 2021. Man habe noch die Hoffnung, dass ein Investor mit einem Alternativprogramm auf den Plan treten könnte – auf diesen Job-Bedarf hin könnte auch in der Stiftung qualifiziert werden.

ATB-Betriebsversammlung
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SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner bei der ATB-Betriebsversammlung am Mittwoch

SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner warf dann der ÖVP und vor allem Bundeskanzler Sebastian Kurz Untätigkeit vor. Sie will nun mit Anträgen im Nationalrat verhindern, dass Firmen wie ATB Schlupflöcher im Insolvenzrecht ausnutzen; zudem sei die Coronaviruskrise oft auch ein Vorwand, um Arbeitsplätze in Billiglohnländer wie Polen oder Serbien zu verlagern – Förderungen und Staatshilfen müssten daher künftig an Standortgarantien geknüpft werden, so Rendi-Wagner.

„Das Problem ist die Bundesregierung“

„Das, was hier in der ATB passiert ist, dass hier Schlupflöcher des Insolvenzrechts ausgenützt werden, aber gleichzeitig Millionen von Kurzarbeitsgeldern kassiert wurden und Beschäftigte jetzt einfach von einem Tag zum anderen vor die Tür gesetzt werden, das darf sich in den nächsten Monaten und Jahren in Österreich nicht wiederholen. Das Problem ist die Bundesregierung: Die Bundesregierung macht die Augen zu, sie schaut weg – Augen zu und durch scheint das Krisenmanagement zu sein“, so Rendi-Wagner, die außerdem die Haltung, seit acht Wochen nicht auf Gesprächsbitten der ATB-Betriebsräte zu reagieren, für „respektlos und arrogant“ empfindet.

Beschäftigte der ATB selbst zeigten sich angetan vom Besuch von Rendi-Wagner, äußerten sich aber enttäuscht über Bundes- und Landespolitik. Eine Angestellte, in der Fertigung tätig, sagte: „Ich habe 27 Jahre hier gearbeitet, bin 15 Monate vor der Pension. Unter dem früheren Eigentümer Mirko Kovats haben wir fünf Jahre lang auf Lohnerhöhungen verzichtet, zur Sicherung der Jobs. Hätte ich dieses Geld, würde ich pensionsmäßig ganz woanders stehen.“

ATB-Gesamtverbindlichkeiten: 30 bis 35 Mio. Euro

Im Landesgericht Leoben fand indessen zeitgleich eine Prüfungstagsatzung im Zusammenhang mit der Insolvenz der ATB Spielberg GmbH statt. Wie die Kreditschützer von AKV, KSV1870 und Creditreform mitteilten, haben bisher 814 Gläubiger Insolvenzforderungen in der Höhe von rund 18,2 Mio. Euro angemeldet, wovon vorerst 13,3 Mio. Euro anerkannt wurden. Noch nicht inkludiert seien allerdings die Endigungsansprüche der Dienstnehmer – da dürften weitere rund sieben Millionen Euro dazukommen.

Einschließlich dieser Dienstnehmerforderungen und möglicher Schadenersatzansprüche geht die ATB Spielberg GmbH von Gesamtverbindlichkeiten in der Höhe von 30 bis 35 Mio. Euro aus. Über einen Sanierungsplan wird am 21. Oktober abgestimmt werden – dieser sieht das Anbot einer 30-prozentigen Quote vor.

Noch vor der Prüfungstagsatzung war innerhalb des Konzerns das bewegliche Anlage- und Umlaufvermögen erworben worden, da die Produktion innerhalb des Konzerns nach Polen und Serbien verlagert werden soll. Gegen die entsprechenden Beschlüsse erhob der Insolvenzschutzverband für ArbeitnehmerInnen einen Rekurs, welchem das Oberlandesgericht Graz jedoch nicht Folge gegeben hatte.