Waltraud Klasnic
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Waltraud Klasnic ist 75

Die erste Landeshauptfrau Österreichs, Waltraud Klasnic (ÖVP), feiert am Dienstag ihren 75. Geburtstag. Sie lenkte die Geschicke der Steiermark zwischen 1996 und 2005 und ist seither in herausfordernden Bereichen gesellschaftspolitisch aktiv.

Waltraud Klasnic, Mutter von drei Kindern, mehrfache Groß- bzw. Urgroßmutter, wurde am 27. Oktober 1945 in Graz in ärmlichen Verhältnissen geboren. Sie lernte in einem bekannten Grazer Modehandelshaus, half ab 1966 ihrem Mann Simon (gestorben 2015) beim Aufbau eines Transportunternehmens und widmete sich der Familie. Politisch begann ihr Weg 1970 bei der Österreichischen Frauenbewegung, 1977 wurde sie in den Bundesrat entsandt.

Über ein Mandat im Landtag (1981) führte der Aufstieg der sozial engagierten Frau 1983 ins Landtagspräsidium und 1988 in die Landesregierung: Mit dem Wirtschafts- und Tourismusreferat, das 1991 um den Straßenbau erweitert wurde, übernahm sie im Kabinett von Josef Krainer jun. ein Schlüsselressort; daneben war sie als Funktionärin im Wirtschaftsbund aktiv.

„Frau Landeshauptmann“

1993 wurde sie Krainer-Stellvertreterin, die Spitze erreichte sie rund um den Jahreswechsel 1995/1996: „Joschi“ Krainer hatte nach einer Schlappe bei der Landtagswahl im Dezember 1995 noch am Wahlabend den Rücktritt erklärt.

Waltraud Klasnic und Josef Krainer jr.
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Waltraud Klasnic und Josef Krainer

Am 23. Jänner 1996 wurde Klasnic schließlich offiziell als erste Frau an die Spitze eines österreichischen Bundeslandes gewählt. Eine Eigenheit Klasnics dabei: Sie bevorzugte die Anrede „Frau Landeshauptmann“. Im Oktober 2000 schaffte Klasnic bei der Landtagswahl eine eindrucksvolle Bestätigung im Amt.

„Landesmutter“

Fleiß, Zähigkeit, Wärme und Herzlichkeit waren ihr attestierte Markenzeichen, die sie zur „Landesmutter“ avancieren ließen. Ihr Auftritt in Lassing 1998, als sie die Familien der im Bergwerk verschütteten Kumpel tröstete und vor laufenden Kameras Emotionen zeigte, ist in der Steiermark unvergessen: „Ein ganzes Land weint“, sagte Klasnic und kämpfte selbst mit den Tränen. Kritiker hingegen warfen ihr ihren Hang zu Weitschweifigkeit und Floskelhaftigkeit vor, und das von ihr propagierte „Miteinander“ mit der SPÖ sei letztlich meist den von ihr selbst aufgestellten Regeln gefolgt.

Bitterer Abschied vom Landeshauptmannsessel

Gegen Ende ihrer zweiten Amtszeit gipfelte eine Serie von Pannen und Skandalen (EStAG, Spielberg, Herberstein) im Rosenkrieg mit ihrem einstigen Mitstreiter Gerhard Hirschmann (verstorben 2019), der sich auch mit Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl heftige Sträuße lieferte. Die eigenen Erfolge wurden im Wahlkampf zwar ausgespielt, aber letztlich vom Wähler nicht im erwünschten Umfang honoriert. Am 2. Oktober 2005 verlor die ÖVP die Landtagswahl, Klasnic musste Herausforderer Franz Voves (SPÖ) als neue Nummer eins Platz machen.

Franz Voves und Waltraud Klasnic
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Franz Voves und Waltraud Klasnic am Wahlabend 2005

Ihr 60. Geburtstag war gleichzeitig der letzte Tag als Frau Landeshauptmann – einen Tag später wurde Voves in Wien angelobt. Der Abschied von der Parteispitze verlief nicht ganz friktionsfrei, Klasnic blieb in den ersten Jahren auf Distanz zu Partei und Veranstaltungen, erst in den vergangenen Jahren entspannte sich das Verhältnis. Mit Äußerungen zur aktuellen politischen Lage hielt sie es wie ihr Vorgänger Krainer (gestorben 2016) – sie enthielt sich so gut wie aller Kommentare.

„Ich habe unendlich viel Gnade gehabt“

15 Jahre später blickt Waltraud Klasnic auf ihr Zeit in der Politik so zurück: „Eigentlich darf ich Danke sagen für das, was bisher war, für die guten und die weniger guten Situationen. In der Zusammenfassung habe ich unendlich viel Glück, ich möchte es umfassend sagen, Gnade gehabt.“

Waltraud Klasnic ist 75

Die erste Landeshauptfrau Österreichs, Waltraud Klasnic (ÖVP), feiert am Dienstag ihren 75. Geburtstag. Sie lenkte die Geschicke der Steiermark zwischen 1996 und 2005, und ist seither in herausfordernden Bereichen gesellschaftspolitisch aktiv.

Und sie hat auch heute noch viel zu tun – und es sind zum überwiegenden Teil herausfordernde Aufgaben, verbunden mit sehr vielen Schicksalen: „Ruhestand heißt für mich Rufbereitschaft, und wenn man das Gefühl hat, dass man es schafft, und wenn man gebraucht wird und wenn man gerufen wird, dann soll man auch in schwierigsten Situationen Ja sagen, und ich habe eigentlich die große Gnade und vielleicht auch eine Gabe, mit sehr schwierigen Dingen gut umgehen zu können.“

Opferschutzanwältin der katholischen Kirche

Seit zehn Jahre ist Klasnic Opferschutzanwältin der Erzdiözese Wien, um Missbrauchsfälle im Umfeld der katholischen Kirche aufzuklären und die Opfer zu entschädigen.

Waltraud Klasnic und Kardinal Christoph Schönborn
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Waltraud Klasnic und Kardinal Christoph Schönborn

Präsidentin des Hospizverbandes

Sie ist als Präsidentin des Hospizverbandes Österreichs im Einsatz, um Menschen in ihren letzten Stunden ein möglichst angenehmes Sterben zu ermöglichen – mehr dazu in Klasnic für Regelfinanzierung für Hospizarbeit. Gerade jetzt während der CoV-Pandemie ist das keine leichte Aufgabe: „Ich bin davon überzeugt, dass man vieles sehr gut geschafft hat in diesen letzten Monaten, und als Vorsitzende von Hospiz Österreich habe ich sehr viel zu entscheiden, schwierige Pakete angegriffen und gemeinsam mit einem großen ehrenamtlichen und hauptberuflichen Amt bewältigt.“

Darüberhinaus führt sie seit 2012 den Vorsitz im ÖVP-Ethikrat, seit 2013 ist sie Vorsitzende des Universitätsrates der Montanuniversität Leoben. Unter den zahlreichen ehrenamtlichen Vorstandsfunktionen finden sich solche im SOS-Kinderdorf Graz-Stübing und im Verein „Große schützen Kleine“.

Keine großen Feierlichkeiten

Die Feierlichkeiten zu ihrem 75. Geburtstag werden vor allem von Klasnics Familie wahrgenommen. Hatte ihr getreuer Weggefährte, der jetzige Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer – in ihrer Amtszeit Klubobmann und später Landesrat – zu ihrem 70er im kleinen Kreis ein Mittagessen für sie gegeben, so wird in Zeiten von Covid-19 davon abgesehen. Die Verleihung des Ehrenrings – die höchste Auszeichnung des Landes Steiermark – war schon zwei Mal an sie herangetragen worden, beide Male lehnte sie ab – nun aber soll die Verleihung erfolgen.