Der Angeklagte am Dienstag, 26. Februar 2019, vor Beginn des Prozesses wegen des Verdachts des Quälens seiner Kinder am Grazer Landesgericht.
APA/ERWIN SCHERIAU
APA/ERWIN SCHERIAU
Gericht

Prozess gegen oststeirischen Arzt: Strafe erhöht

Das Grazer Oberlandesgericht hat am Dienstag im Fall eines oststeirischen Arztes die Geldstrafe von 1.920 auf 7.200 Euro erhöht, die bedingte Haftstrafe blieb gleich. Dem Oststeirer wurde vorgeworfen, seine vier Kinder jahrelang gequält zu haben.

Der Prozess musste zweimal durchgeführt werden. Dem Arzt wurde vorgeworfen, seine drei Töchter und seinen Sohn jahrelang gequält zu haben – so soll er sie vor allem durch Selbstmorddrohungen geängstigt haben. Das erste Verfahren endete mit einem Freispruch, weil der Richter eher einen „verspäteten Rosenkrieg“ zwischen dem Angeklagten und seiner Ex-Frau annahm. Doch diese Entscheidung hielt nicht stand, wegen nicht ausführlich gewürdigter Beweise wurde der Nichtigkeitsbeschwerde stattgegeben.

Emotionen, Vorwürfe, Tränen und Verzweiflung

Die zweite Runde dauerte deutlich länger und wurde äußerst penibel abgewickelt. Das neue Verfahren war geprägt von Emotionen, Vorwürfen, Tränen und Verzweiflung auf Seiten der Kinder – der Angeklagte wiederum hatte stets beteuert, er habe ihnen nie schaden wollen. Die Geschichten von verdorbenem Essen, abwertenden Bemerkungen, ständigen Selbstmorddrohungen und Selbstverletzungen wurden breit ausgewalzt und erwiesen sich nur teilweise als strafrechtlich relevant.

Am Ende gab es im Juli 2019 vier Monate bedingt und 1.920 Euro unbedingte Geldstrafe – mehr dazu in Kinder gequält: Oststeirischer Arzt verurteilt (11.7.2019). Der Richter meinte, er habe den Angeklagten nur dort schuldig gesprochen, wo seine Schuld einwandfrei erwiesen war. Dass er die Kinder drogen- und alkoholsüchtig gemacht habe, sah der Richter als nicht erwiesen an, wohl aber die psychische Belastung durch die wiederholten Selbstmorddrohungen.

Gutachten: Keine Persönlichkeitsstörung

Der Richter stützte sich dabei auch auf das psychologische Gutachten von Adelheid Kastner, die den Angeklagten zwar als manipulativ und inhuman beschrieb, aber eine Persönlichkeitsstörung ausschloss. „Wir hatten schon lange kein Vertrauen mehr in die steirische Justiz und wollten, dass dieses Strafverfahren in ein anderes Bundesland verlegt wird, was leider abgelehnt wurde“, so die Kinder in einer Aussendung – mehr dazu in Kinder üben Kritik an Urteil gegen Arzt (13.2.2020).

Die Staatsanwaltschaft berief gegen die Strafhöhe: Die Strafhöhe von 1.920 Euro beruhte auf einem Tagsatz von vier Euro, was der Anklagebehörde zu niedrig erschien. „Die Strafe ist angemessen“, meinte die Verteidigerin. „Sie sind hochqualifiziert, warum haben Sie keine Arbeit gefunden?“, fragte der Richter. „Ich habe keine gesucht, ich hätte das nicht geschafft“, antwortete der Arzt. „Und warum haben Sie ihre Praxis nicht verkauft?“, hakte der Vorsitzende nach. „Es gab keinen einzigen Bewerber“, meinte der Befragte.

Vier Monate bedingte Haft

Der Berufungssenat folgte in weiten Teilen der ersten Entscheidung, lediglich der Tagsatz wurde von vier auf 15 Euro erhöht, wodurch sich bei 480 Tagsätzen eine Gesamtstrafe von 7.200 Euro ergibt; die bedingte Freiheitsstrafe blieb mit vier Monaten gleich wie in der ersten Instanz. Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel mehr.