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Coronavirus

Uni Graz: CoV-Massentest dauert Monate

Die Uni Graz beschäftigt sich mit der Frage, ob Massentests für neun Millionen Menschen in Österreich innerhalb von wenigen Wochen überhaupt möglich sind – eine Prognose lautet vier bis sechs Monate.

Die Pläne für die geplanten Coronavirus-Massentests in Österreich sind fertig: Am ersten Dezember-Wochenende werden am Samstag und Sonntag (5./6.) und somit zum Ende des harten Lockdowns alle Landes- und Bundeslehrer sowie Kindergartenbetreuerinnen (rund 200.000 Personen) getestet; am 7. und 8. Dezember folgt dann die Testung aller 40.000 Polizisten und Polizistinnen. Kurz vor Weihnachten ist dann eine breit angelegte Testreihe für die gesamte Bevölkerung geplant. Die Teilnahme ist aber freiwillig – mehr dazu in CoV-Massentests starten am 5. Dezember (news.ORF.at).

Verzehnfachung der Tests notwendig

Der Grazer Logistikforscher Marc Reimann hat Berechnungen angestellt: Gefragt war – unter der Voraussetzung, dass sich wirklich alle Österreicher auf SARS-CoV-2 testen lassen –, ob man alle Österreicher innerhalb eines Monats durchtesten kann. Die überaus optimistischen Annahmen: „Alle drei Minuten wird eine Probe genommen, an den Teststationen entsteht nie – im gesamten Monat – auch nur eine winzige Pause.“ Um diese Zahl zu erreichen, müsste man an 1.000 Stationen sieben Tage die Woche, 15 Stunden täglich durcharbeiten. Damit käme man auf die benötigten 300.000 Tests pro Tag. Das erfolgt allerdings unter der Prämisse, dass auch die Auswertungskapazitäten entsprechend vorhanden sind.

Derzeit werden bis zu 30.000 Personen täglich auf Covid-19 in Österreich untersucht. „Bei der gegenwärtigen Kapazität würden wir folglich zehn Monate brauchen, um ganz Österreich zu testen“, sagte der Forscher. Eine Verdoppelung der vorhandenen Ressourcen sieht er als realistisch, aber selbst dann würde ein Screening der neun Millionen Einwohner noch immer vier bis sechs Monate dauern.

Selbst wenn – wie geplant – 8.000 Soldaten unterstützend bereitstehen, werde eine Massentestung wohl einen Monat andauern, schätzt Reimann: „Mit den 8.000 und zusätzlich allen, die wir jetzt schon haben, wird es trotzdem nicht viel um einen Monat umgehen, dass man wirklich einen ganzen Monat jeden Tag von früh bis spät durchtestet, dann kann sich das natürlich schon ausgehen, aber schneller sehe ich es nicht.“

Zahlreiche logistische Herausforderungen

Ganz abgesehen von der notwendigen Frequenzsteigerung sieht Reimann noch zahlreiche weitere logistische Herausforderungen: Sind überhaupt genügend Tests verfügbar? Wenn nein, woher könnten diese bezogen werden? Wo und wie sollen diese gelagert werden? Wie werden sie von dort zu den Stationen verteilt?

Reimann bringt auch noch den Faktor Mensch in Spiel: „Wir wissen von den verschiedensten Konsumentscheidungen, dass Bequemlichkeit eine große Rolle spielt. Das heißt: Je mehr Teststationen es gibt, desto angenehmer ist es, zur nächstgelegenen zu gelangen.“ Dieser Aspekt, so der Logistikexperte, könnte im Gegenzug die Akzeptanz des Testangebots erhöhen. Außerdem würde ein geringeres Personenaufkommen pro Standort die Sicherheit erhöhen. Der Haken: Die Dezentralisierung führe zu höheren Kosten, da mehr Stationen ja mehr Personal benötigen, und auch die Verteillogistik aufwendiger wird.

Aus Salzburg kommt auch schon erste Kritik an den angekündigten Massentests: Die Länder hätten für diese kein Personal, so Gesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP) – mehr dazu in Land fehlt Personal für Massentests (salzburg.ORF.at).