Landesgericht Graz
ORF.at/Roland Winkler
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Gericht

Vier Jahre Haft wegen Bierflaschen-Angriff

Ein 21-Jähriger ist am Freitag in Graz von einem Schöffensenat wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung mit Dauerfolgen zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Er soll einen Mann mit einer abgebrochenen Bierflasche attackiert und schwer verletzt haben.

Die Befragung beim Prozess im Grazer Straflandesgericht gestaltete sich etwas langwierig, da die Schilderungen des Angeklagten nicht mit dem Überwachungsvideo übereinstimmten. Fest stand, dass das Opfer laut Staatsanwältin „entstellende Narben“ davon getragen hat.

Streit in Diskothek

Der junge Iraner, der derzeit das Abendgymnasium besucht, machte einen höflichen und ruhigen Eindruck, auch der Gutachter bescheinigte ihm, dass der Vorfall „vehement seinem bisherigen Lebenswandel widerspricht“. Zunächst erzählte der Angeklagte, dass es in einer Diskothek in Gralla im September 2019 Streit zwischen seinem zukünftigen Schwager und einem anderen Mann gegeben habe. Er wollte schlichten und geriet auch in ein Gerangel.

Dann soll er laut Staatsanwältin vor dem Lokal bei einem Kebab-Stand ein Messer verlangt haben, das er aber nicht bekam. Daraufhin soll er wieder in die Disco gegangen sein und dort eine Bierflasche an der Tischkante abgebrochen haben.

Als er damit auf einen Gast losgehen wollte, stoppte ihn der Geschäftsführer. Er fuhr ihm laut Anklägerin sofort zweimal mit der scharfkantigen Flasche ins Gesicht. Der Mann begann stark zu bluten. Ein Security-Mitarbeiter hielt den Angreifer von hinten fest, und auch ihn wollte der Beschuldigte attackieren, was aber misslang.

Bilder aus der Überwachungskamera

Der Verteidiger sah in dem Vorfall nur eine Notwehrüberschreitung. Dass die Schilderungen mit dem Gerangel und der Notwehr nicht ganz der Wahrheit entsprachen, zeigte das Überwachungsvideo. „Sie haben uns schlicht und einfach angelogen", stellte der Richter fest. Er spielte dem 21-Jährigen auch vor, wie er beim Kebab-Stand vor dem Lokaleingang offenbar etwas sagte."Ich weiß gar nicht, ob ich das bin, das kann jeder sein“, wehrte der Angeklagte ab. „Das sind Sie. Was wollten Sie dort? Ein Cola kaufen, ein Bier, eine Jause, einen Zwetschkenfleck?“, fragte der Richter. „Ich habe nur gefragt, ob er meinen Freund gesehen hat“, meinte der 21-Jährige.

Angeklagter sah keinen bewussten Angriff

Von einem bewussten Angriff auf den Geschäftsführer wollte er bei der Verhandlung nichts mehr wissen. „Das haben Sie aber bei der Polizei und der Richterin angegeben“, hielt ihm der Richter vor. „Ich habe Angst gehabt, dass er mich noch einmal attackiert, also habe ich ihn mit der Flasche geschlagen“, gab er schließlich zu. „Also doch zugestochen“, hielt der Richter fest.

Starke Narben und die Hälften der Wahrheit

Das Opfer war als Zeuge geladen. Die Verletzungen im Gesicht sind verheilt, allerdings blieben starken Narben zurück. Der Mann gab an, der Beschuldigte sei auf ihn zu und habe ihn sofort angegriffen, während der 21-Jährige dabei blieb, er habe nur seinem Freund helfen wollen. „Was stimmt jetzt?“, fragte Richter Lichtenberg wieder einmal. „Die Wahrheit liegt immer zur Hälfte beim Opfer und zur Hälfte beim anderen“, lautete die Antwort.

Sachverständiger: Angeklagter „emotional instabil“

Der psychiatrische Sachverständige Christoph Ebner erklärte, der Angeklagte sei „emotional instabil“, die Alkoholisierung sei mit 1,4 bis 1,5 Promille Alkohol im Blut lediglich mittelgradig gewesen.

Der Schöffensenat verurteilte den Angeklagten zu vier Jahren unbedingter Haft, ein Jahr hat er schon in Untersuchungshaft verbüßt. Der 21-Jährige meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die Staatsanwältin kündigte ebenfalls Berufung an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.