Binnen 12 Tagen waren 90 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner im betroffenen Heim infiziert, ebenso ein Großteil der Pflegekräfte ist betroffen oder in Quarantäne. Letztlich musste daher das Bundesheer das Pflegeheim übernehmen – mehr dazu in CoV: Heer übernimmt Pflegeheim im Mürztal sowie in CoV-Cluster in Pflegeheim wirft Fragen auf.
Verdacht der „Vernachlässigung“
Erst am Wochenende erfolgte eine Überprüfung durch einen Amtssachverständigen, wie es zu der schnellen Ausbreitung des Virus kommen konnte. Die Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag hat als zuständige Behörde nun aber auch der Staatsanwaltschaft Leoben eine Sachverhaltsdarstellung zur Beurteilung vorgelegt, wie das Land Steiermark noch am Dienstag und der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Andreas Riedler, schließlich auch am Mittwoch bestätigte.
Derzeit werden laut Riedler der Sachverhalt gerpüft. So sollen etwa grundlegende Hygiene-Maßnahmen nicht eingehalten und Schutzausrüstungen möglicherweise nicht ordnungsgemäß verwendet worden sein; auch Isolierbereiche soll es nach dem Auftreten des ersten Falles nicht gegeben haben. „Derzeit besteht ein Anfangsverdacht wegen der Vergehen der Vernachlässigung von Personen beziehungsweise der Gefährdung von Personen mit übertragbaren Krankheiten“, so Riedler. Mit den Ermittlungen soll in weiterer Folge das Landeskriminalamt beauftragt werden.

Bundesheer bis zur Erfüllung der Auflagen im Einsatz
Die Bezirksverwaltungsbehörde hat dem Arbeiter-Samariterbund als Betreiber des Heims außerdem eine Reihe von Auflagen erteilt – bis diese umgesetzt sind, bleibt das Bundesheer im Einsatz, sagt der Sprecher des Bundesheers, Gerhard Schweiger: „Die zivile Behörde ist dabei, entsprechenden zivilen Personalersatz zu finden. Solche Personen fließen ein in das derzeit laufende Konzept und nach und nach wird das Pflegeheim so wieder von zivilen Pflegekräften übernommen.“
ABC-Einheit hat Arbeit bereits beendet
Zusätzlich zu den elf diplomierten Krankenpflegern – alles Unteroffiziere des Sanitätszentrums Süd – wurde ein Heeresarzt hinzugezogen, um eine verstärkte medizinische Betreuung sicherzustellen.
Bereits ihre Arbeit beendet haben die Soldaten der ABC-Abwehreinheit, die das gesamte Pflegeheim im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag seit Montag desinfiziert hatten, bestätigte Schweiger. Zu angeblichen Missständen im Heim betreffend Hygiene und mangelhafte Schutzmaßnahmen wollte das Bundesheer keinen Kommentar abgeben
Pflegeplan des Heeres und Dienstaufsicht des Landes
Indessen hat das Bundesheer einen Pflegeplan für das Pflegeheim in St. Lorenzen im Mürztal erstellt. Dieser soll eine durchgehende Betreuung sicherstellen, um eine Übergabe an zivile Pflegekräfte zu ermöglichen, sobald diese zur Verfügung stünden. Vom Land Steiermark wurde außerdem eine Dienstaufsicht eingerichtet.
Pflegeombudsschaft: „Läuft in vielen Heimen gut“
Die steirische Pflegeombudsfrau Michaela Wlattnig hofft indessen, dass der Einsatz des Heeres in St. Lorenzen im Mürztal ausreicht. Abhängig sei das letztlich von der Entwicklung der Infektionszahlen in den Heimen, sagt sie. Generell warnt Wlattnig aber davor, auf Grund des Anlassfalls alle Heime über einen Kamm zu scheren: "Man darf nicht den Eindruck erwecken, dass es in allen Pflegeheimen nicht gut läuft, es läuft in vielen sehr gut. Wir haben Hotspots und hier muss man ganz genau hinschauen.“
FPÖ fordert unabhängige Untersuchungskommission
Die Freiheitlichen in der Steiermark wollen indessen die Einsetzung einer externen Untersuchungskommission beantragen, um die getroffenen Schutzmaßnahmen in steirischen Pflegeheimen generell aufzuarbeiten und vor allem die Vorkommnisse in St. Lorenzen im Mürztal lückenlos aufzuklären – die Ankündigung des Landes, Amtssachverständige und die Pflegeombudsschaft einzuschalten, sei laut FPÖ zwar begrüßenswert, reiche aber zu wenig weit.
Zahl der Neuinfektionen leicht steigend
Steiermarkweit ist die Zahl der Neuinfektionen trotz des Lockdowns zuletzt wieder leicht angestiegen. Bis Dienstagmitternacht wurden 593 Neuerkrankungen verzeichnet. 17 Menschen sind im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben. Die Zahl der aktiv Infizierten lag am Mittwoch bei 11.600 Fällen.