Der Schriftzug Verfassungsgerichtshof über dem Eingang des Gerichtsgebäudes
ORF.at/Roland Winkler
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VfGH zu Sterbehilfe

Nach VfGH-Urteil: Kriterien für Sterbehilfe gefordert

Auch in der Steiermark fallen die Reaktionen nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs, die Strafbarkeit der Beihilfe zum Suizid aufzuheben, sehr unterschiedlich aus. Die Katholische Kirche ist bestürzt, auf der anderen Seite werden klare Kriterien gefordert.

Skeptisch bis ablehnend sind die Reaktionen auf die VfGH-Entscheidung ausgefallen, die Strafbarkeit der Beihilfe zum Suizid aufzuheben. Die Regierungsspitze reagierte zurückhaltend und verwies auf eine genaue Prüfung der Folgen des Erkenntnisses. Bis 31. Dezember 2021 hat der Gesetzgeber nämlich Zeit, die verfassungswidrige Bestimmung zu reparieren – mehr dazu in Regierung reagiert zurückhaltend.

Klasnic für mehr Suizidprävention

Ab Ende nächsten Jahres soll die Beihilfe zum Selbstmord erlaubt sein. Bis dahin liegt es in der Hand des Gesetzgebers, Maßnahmen gegen Missbrauch der Regelung zu treffen. Laut Waltraud Klasnic, Vorsitzende des Hospizverband Österreich, brauche es zugleich aber auch mehr Suizidprävention: „Ich möchte nicht über andere urteilen in ihrer Verzweiflung, ich möchte mithelfen, dass diese Verzweiflung gar nicht kommt, dass heißt: flächendecke Hospiz und Palliativ in Österreich, und leistbar – das ist nämlich mit der Regelfinnazierung dann möglich, dass der Einzelne dann nicht dafür bezahlen muss.“

Klare Kriterien gefordert

In das selbe Horn stößt Hans-Walter Ruckenbauer, Experte für Medizin- und Pflegeethik an der Universität Graz. Er fordert außerdem klare Kriterien, unter welchen Voraussetzungen eine Beihilfe zum Selbstmord erlaubt sein soll: „Ich glaube, da ist es notwendig, dass wirklich für tragische Schicksale von Menschen, die in der Endphase einer schweren Erkrankung sind das vorzubehalten, dass man auch entsprechende Wartefristen vorsieht, dass man entsprechende Überprüfungen der Freiverantwortlichkeit vorsieht, dass man das vielleicht auch an ein begleitendes Gremium bringt.“

Auswege durch Therapie

Nicht vertretbar sei die Beihilfe zum Suizid dagegen dort, wo es mögliche andere Auswege gibt, so befürchtet Ruckenbauer von der Uni Graz etwa: „…dass Menschen, die in hoher psychischer Not sind und an sich eine therapierbare, psychiatrische Erkrankung dahinter haben, dass für Menschen mit so einem Krankheitsbild dass die dann den Suizid als Ausweg sehen.“

Auch weiterhin unter Strafe bleibt die Tötung auf Verlangen – also aktive Sterbehilfe, bei der die Tötung durch Dritte erfolgt, wenn auch auf ausdrücklichen Wunsch des Sterbenden.

Bischof: „Leben nicht verhandelbar“

Heftige Kritik am VfGH-Entscheid übte der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl: „Das menschliche Leben ist schützenswert – von Anfang bis zum Ende. Diese grundlegende Botschaft unseres Glaubens und damit auch des Verständnisses vom Menschen und dem Miteinander in der Gesellschaft wird durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ausgehebelt“, meinte er laut Kathpress.

Er sieht den „Dammbruch eingeleitet: menschliches Leben und damit auch Leiden, Behinderung und Sterben werden verhandelbar. Das schmerzt mich und wohl viele, die das Leben als Geschenk aus Gottes Hand betrachten, zutiefst.“