Eine Person mit Handschuhen zieht einen Covid-19-Impfstoff auf
AP/Paul Sancya
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Coronavirus

Kampf um Impfkontingent entbrannt

In der Steiermark ist ein Kampf um die verfügbaren steirischen CoV-Impfdosen entbrannt: Immer mehr Berufs- und Bevölkerungsgruppen erheben Anspruch auf eine möglichst frühe Impfung – Impfkoordinator Michael Koren pocht allerdings auf Seriosität.

Wie das Impfen in der Steiermark am besten vonstatten gehen soll, das wurde am Montag im Rahmen eines Impfgipfels in Graz besprochen. Ein Thema waren dabei auch die über 80-Jährigen, die nicht in einem Pflegeheim wohnen: Hier sei zu klären, wer von dieser Altersgruppe mobil genug ist, um etwa zu einer Impfstraße zu kommen. Jene, die zu Hause gepflegt und auch dort geimpft werden müssen, dürften sich dagegen noch gedulden müssen, bis andere Impfstoffe verfügbar sind, die nicht bei minus 70 Grad Celsius gelagert werden müssen – mehr dazu in Impfgipfel: Bislang rund 3.000 Steirer geimpft.

Vorerst „Impfstoffreste“ für über 80-Jährige

Dennoch gibt es bereits einige Dutzend über 80-Jährige auch außerhalb von Pflegeheimen, die gegen das Coronavirus geimpft sind. Ärzte eines Grazer Ärztezentrum haben rund 40 Patienten dieser Altersgruppe oder mit erhöhtem Risiko mit „Impfstoffresten“ versorgt, die in Pflegeheimen übrig geblieben sind. Denn letztlich hat sich in den Heimen, mit denen das Ärztezentrum zusammenarbeitet, herausgestellt, dass die Impfstoff-Ampulle von Biontech-Pfizer mehr Impfungen ermöglicht, als ursprünglich angenommen, erklärt Hausärztin Ines Muchitsch: „Der Bedarf wurde ursprünglich für fünf Dosen pro Phiole berechnet, tatsächlich gehen aber sieben Dosen pro Phiole heraus, das heißt, wir konnten die übrig gebliebenen Phiolen mittransportieren, die waren noch nicht verdünnt.“

Grazer Ärzte denken bereits an eigene Impfstraße

Die drei praktischen Ärzte im Grazer Ärztezentrum planen bereits eine Impfstraße, um täglich möglichst viele Menschen gegen das Coronavirus impfen zu können, sagt Hausarzt Stefan Korsatko: „Wir haben uns ausgerechnet, wir könnten hier im Haus in einer kleinen Impfstraße zwischen 100 und 200 Patienten impfen und in einer größeren Impfstraße – zum Beispiel im benachbarten Pfarrsaal – könnte man das verdrei- oder vervierfachen. Es gibt auch Kollegen, die eine Parkplatz-Impfung planen – also das sind sehr viele kreative Lösungen da.“

Impfung für über 80-Jährige „Kontigentfrage“

Es sei allerdings eine Frage der Seriosität, so der steirische Impfkoordinator Michael Koren am Dienstag, ob man jetzt eine Impfung für die über 80-Jährigen anbietet, obwohl man nur einen kleinen Bruchteil der nötigen Impfungen für die gesamte Zielgruppe zur Verfügung hat. Es dürfe nicht sein, dass jene, die dann als erstes anrufen und durchkommen, die Impfung bekommen und andere wochenlang auf Wartelisten stehen. Wann die über 80-Jährigen genau geimpft werden können hänge daher davon ab, wie viele Impfdosen und Impfdosen welcher Hersteller in den kommenden Wochen noch zu Verfügung stehen, so der Impfkoordinator.

Kampf um Impfkontingent entbrannt

In der Steiermark ist ein Kampf um die verfügbaren steirischen CoV-Impfdosen entbrannt: Immer mehr Berufs- und Bevölkerungsgruppen erheben Anspruch auf eine möglichst frühe Impfung – Impfkoordinator Michael Koren pocht allerdings auf Seriosität.

Speziell für die über 80-Jährigen außerhalb von Pflegeheimen dürfte der Impfstoff des Pharmakonzerns Astrazeneca entscheidend sein, denn er sei leichter zu handhaben. Für diesen wurde aber erst am Dienstag eine bedingte Zulassung in der Europäischen Union beantragt. Der in Auslieferung befindliche Impfstoff von Moderna sei für Koren zwar begrüßenswert, aber die Menge sei zunächst nicht allzu groß.

Anmelde-Hotline derzeit noch sinnlos

Eine Hotline, bei der sich über 80-Jährige beispielsweise für eine Impfung anmelden können, hält Koren aktuell daher für sinnlos, „weil wir nicht einmal wissen, ob wir die Impfdosen für diese Menschen Anfang Februar oder Ende Februar oder noch später“ zur Verfügung haben. Er will mit den vorhandenen Dosen jene Zielgruppen impfen lassen, bei denen auch theoretisch alle versorgt werden können – wie etwa Mitarbeiter auf Covid-Stationen.

Klar sei aber auch, dass die Steiermark vergleichsweise viele Pflegeheime hat und daher dort auch jetzt schon über 80-Jährige geimpft werden. Insgesamt leben etwa 12.000 Steirerinnen und Steirer in Pflegeheimen und werden von etwa 10.000 Heim-Mitarbeitern betreut; insgesamt sind etwa 75.000 Menschen in der Grünen Mark 80 Jahre oder älter.

Arbeitsgruppe tagt am Mittwoch

Gemeindebundpräsident Erwin Dirnberger sagt, dass sich Gemeinden und Städte bei der Organisation der Impfung für über 80-Jährige außerhalb von Heimen beteiligen werden. Eine Arbeitsgruppe, die die Vorgehensweise abklären soll, trifft sich am Mittwoch. Angedacht sind offenbar schriftliche Verständigungen. Da die Impfungen für die Zielgruppe in der Steiermark frühestens im Februar starten dürften, sei eine rechtzeitige, aber auch nicht zu frühe Information für die Betroffenen entscheidend.

Andere Wege beschreitet man indessen in Kärnten, wo Nicht-Heim-Bewohner über 80 Jahren als Erstes und damit schon ab 16. Jänner geimpft werden sollen – mehr dazu auch in Land setzt sich für rasche Durchimpfung ein (kaernten.ORF.at).

Nachfrage derzeit höher als Kapazität

Generell ist der steirische Impfkoordinator derzeit mit Forderungen von vielen Seiten konfrontiert: Zahnärzte wollen rasch geimpft werden, niedergelassene Ärzte auch, und erst am Dienstag meldete sich die steirische Ärztekammer und forderte in einer Aussendung eine Anpassung der Impfstrategie: So sollen Ärzte und Ärztinnen sowie Pflegepersonal und andere Mitarbeiter von sensiblen Bereichen in den Landeskrankenhäusern „raschest geimpft“ werden. Sie hätten „tagtäglich und unmittelbar mit besonders gefährdeten Patientinnen und Patienten zu tun“, begründete Kammer-Vizepräsident Eiko Meister.

Es dürfe dabei „keinen Verdrängungswettbewerb geben, bei dem die zum Zug kommen, die am lautesten schreien oder die spitzesten Ellbogen haben“. Doch genau solch ein Wettbewerb hat offenbar eingesetzt: Die Nachfrage sei laut Koren momentan einfach höher als die Menge der zur Verfügung stehenden Impfdosen.

Steiermark rief bisher die meisten Impfdosen ab

Insgesamt wurden steiermarkweit bisher 6.255 Personen geimpft. Derzeit ist die Steiermark aber jenes Bundesland, das die meisten Impfdosen bei der Bundesbeschaffungsgesellschaft abgerufen hat – konkret waren es mit Stand Dienstag 26.000 Impfdosen. Bisher haben 186 Pflegewohnheime Impfungen durchgeführt bzw. führen diese demnächst durch. Zusätzlich wird das Gesundheitspersonal in den Covid-Stationen der Krankenhäuser geimpft.