Stimmzettel werden aus einer Wahlurne auf einen Tisch geschüttet (Symbolbild)
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Politik

Fünf Parteien in Landwirtschaftskammer

124.000 steirische Landwirte und Grundbesitzer waren am Sonntag aufgerufen, ihre Kammervertreter zu wählen. Fünf Parteien traten an – und alle konnten in die Kammer einziehen. Nach wie vor klar auf Platz eins ist der ÖVP-Bauernbund.

Wie schon bisher ist der ÖVP-Bauernbund in der steirischen Landwirtschaftskammer (LWK) am stärksten: Er konnte um 0,54 Prozentpunkte leicht zulegen und kommt nun auf 70,25 Prozent der Stimmen.

ÖVP-Bauernbund: „Eindeutiger Führungsauftrag“

Im Vorfeld der Wahl erklärte Bauernbund-Spitzenkandidat und LWK-Präsident Franz Titschenbacher etwas vage, man wolle „eine gute Ernte einfahren“ – mit dem leichten Plus „dürfen wir auf eine gute Ernte blicken“, so Titschenbacher Sonntagabend. Das Ergebnis sei „Auftrag und Verpflichtung für die kommenden Jahre“.

Dieses „hervorragende Ergebnis ist eine Anerkennung für die geleistete Arbeit“, betonte wiederum Bauernbund-Obmann Agrarlandesrat Hans Seitinger (ÖVP), und auch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) ist zufrieden: „Die 70 Prozent-Marke zu überspringen ist in einer Zeit, in der es immer mehr Fraktionen gibt, die auch bei Kammerwahlen antreten, eine klare Entscheidung und ein eindeutiger Führungsauftrag.“

Mandatsverteilung

Laut erstem Ermittlungsverfahren kommt der ÖVP-Bauernbund auf 29 Mandate und verlor damit eines gegenüber der letzten Wahl. Zweitstärkste Fraktion ist der UVB mit vier Mandanten, SPÖ, FPÖ und Grüne dürften jeweils zwei Mandate bekommen. Das endgültige Ergebnis wird für Freitag erwartet.

Dementsprechend hat Titschenbacher auch schon den Fokus für die kommenden Jahre festgelegt: „Wer Regionalität und regionale Versorgung möchte, der muss auch Bewirtschaftung und Produktion ermöglichen. Das ist auch einer unserer besonderen Arbeitsschwerpunkte.“

UBV: „Eindeutig bestärkt“

Den zweiten Platz belegt der unabhängige Bauernverband: Er erreichte 11,43 Prozent der Stimmen und damit um knapp drei Prozent mehr als 2016. UBV-Spitzenkandidat Johann Ilsinger erklärte nach der Wahl, „wir sehen uns eindeutig bestärkt, aber große Sorge macht uns die Wahlbeteiligung. Man muss denken, was machen zwei Drittel der Wähler, was denken sie? Warum gehen sie nicht zur Wahl?“

SPÖ zieht wieder in die Kammer ein

In der Landwirtschaftskammer vertreten sind nun auch wieder die SPÖ-Bauern: Sie erreichten diesmal mit 6,88 Prozent der Stimmen den dritten Platz.

2018 novellierte der Landtag das Landwirtschaftskammer-Gesetz – dabei wurde festgelegt, dass jede wahlwerbende Gruppe, die die Vier-Prozent-Hürde überspringt, in die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer einzieht; zuvor musste als Hürde ein Grundmandat in einem Wahlkreis erreicht werden – das war auch der Grund, warum die SPÖ bei der letzten Wahl 2016 den Sprung in die Vollversammlung nicht schaffte.

„Das Ergebnis ist ein klarer Auftrag an uns, das Wahlprogramm der SPÖ-Bauern vehement in die Landwirtschaftskammer einzubringen und umzusetzen“, meinte Spitzenkandidat Josef Moosbrugger, „unser großes Ziel war, dass wir wieder reinkommen. Wir sind reingekommen, und das gleich mit zwei Mandaten – was will man mehr?“

Freiheitliche Bauernschaft nahezu halbiert

Nahezu halbiert haben sich die Stimmen für die freiheitliche Bauernschaft: Mit 6,17 Prozent – ein Verlust von fast sechs Prozentpunkten im Vergleich zur letzten Wahl – rutschte sie vom zweiten auf den vierten Platz. Diese Wahl sei eine große Herausforderung gewesen, betonte Spitzenkandidat Albert Royer: „Es war uns nicht möglich, unsere Leute in der Masse zu mobilisieren. Wo es happert, das wissen wir intern, ist der Organisationsgrad der freiheitlichen Bauernschaft, da werden wir in den nächsten Jahren einiges zu tun haben, damit wir dort flächendeckend breiter aufgestellt sind“, analysiert Royer.

Grüne: „Historischer Tag“

Neu in der Kammer vertreten sind dagegen die Grünen Bäuerinnen und Bauern: Sie erreichten 5,27 Prozent der Stimmen – ein Plus von 2,36 Prozentpunkten und der Einzug in die Kammer bedeuten einen historischen Moment für die Grünen, so Spitzenkandidat Andreas Lackner: „Für uns ist es wirklich ein historischer Tag. Wir schaffen erstmals als Grüne den Einzug, und wir haben als einzige Stimmen dazugewonnen.“ Ziel der Grünen ist es – neben der Agrarpolitik – auch eine Kontrollfunktion in der Kammer auszuüben, so Lackner weiter.

Auch Wahlbeteiligung historisch – tief

Die Wahlbeteiligung ging weiter zurück: Lag sie zuletzt schon ohne CoV-Pandemie bei nur 39 Prozent, so haben heuer nur 30,26 Prozent der Landwirte ihre Stimme abgegeben – mehr dazu in LWK-Wahl und -Wahlkampf im Lockdown (18.1.2021). Agrarlandesrat Hans Seitinger bezeichnete am Wahlabend die geringe Wahlbeteiligung als „Wermutstropfen, der Corona geschuldet ist“.

Posse um Frankierung

Rund 11.200 Wahlberechtigte hatten im Vorfeld eine Briefwahlkarte angefordert – so viele wie noch nie. Doch weil sie nicht ausreichend frankiert wurden, gingen viele Kuverts zurück an die Landwirte. 2,75 Euro waren notwendig, die üblichen 85 Cent waren meist drauf – das habe die Kammer nicht deutlich genug kommuniziert, gestanden die Verantwortlichen ein, einen Skandal, wie es die FPÖ nennt, sehe man aber auch nicht. Die Briefwahlkuverts konnten am Sonntag noch bei der jeweiligen Wahlbehörde abgegeben oder auch kontaktlos dort in den Briefkaste geworfen werden, persönlich oder durch Dritte.

Einhellige Forderung nach höheren Einkommen

Inhaltlich ging es bei der Landwirtschaftskammerwahl vor allem um den Erhalt der typisch steirisch-kleinbäuerlichen Struktur. Dafür brauche es höhere Einkommen, sind sich alle fünf Parteien einig – mehr dazu in LWK-Wahl: Einkommenserhöhung im Fokus (14.1.2021).