Jüdischer Friedhof, Kobersdorf
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Geschichte

Uni Graz: Digitales Erinnern an NS-Gräuel

Die Universität Graz entwickelt eine digitale Erinnerungslandkarte zu Orten und Opfern der NS-Zeit, wie anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags am 27. Jänner mitgeteilt wurde. Die Plattform soll im Sommer 2021 online gehen.

Die Web-Plattform wird von der Uni mit Partnern entwickelt. Interessierte können sich – wenn die Plattform im Sommer online geht – interaktiv durch Österreich bewegen, um so Details über Orte und Wirken von Widerstandskämpfern oder verfolgte und ermordete Menschen erfahren.

Ganz Österreich soll erfasst werden

In einer ersten Stufe werden Erinnerungszeichen an Orte des Terrors und Opfer des Nationalsozialismus und Holocaust in der Steiermark, Vorarlberg und Tirol dokumentiert. „Hier sind wir weitgehend fertig“, sagt Projektleiter Gerald Lamprecht, Leiter des „Centrums für Jüdische Studien“ an der Universität Graz. „Für Kärnten steht die Finanzierung, im Burgenland arbeiten wir noch am Feinschliff“, so Lamprecht. Letztendlich solle ganz Österreich erfasst werden.

In der Steiermark gebe es einige hundert solcher Erinnerungsorte, in Wien entsprechend mehr. Für die Bundeshauptstadt etwa gebe es Vorüberlegungen, wie man bereits existierende Information – etwa in Kooperation mit der Universität Wien, die alle Erinnerungszeichen bezüglich des Austrofaschismus und des Nationalsozialismus dokumentiert hat – nützen könnte.

Straßennamen, Biografien, Stolpersteine

Abgebildet werden Denkmäler, Straßennamen, die bekannten „Stolpersteine“ auf Gehsteigen, Gedenktafeln sowie Gebäude. So findet sich zum Beispiel Wissenswertes über die Synagoge Graz, ebenso wie die Hinrichtungsstätte im Keller des Landesgerichts in Graz, die Außenlager des KZ Mauthausen im obersteirischen Bretstein und in Aflenz bei Wagna in der Südsteiermark, den zerstörten Betraum der jüdischen Bevölkerung von Leoben sowie zum Widerstand in Kapfenberg.

Für Graz wurden auch die im September 2020 verlegten Stolpersteine vor der Oper – erinnert wird an drei vertriebene Künstler, mehr dazu in Oper Graz: Weltkriegsgräuel zur Saisoneröffnung – in die Datensätze aufgenommen. Lamprecht: „Die Texte werden über das historische Ereignis und über das Warum des Gedenkens informieren.“ Überlegt wird auch, die Information speziell für die Pädagogischen Hochschulen und generell für den Schulunterricht verfügbar zu machen.

Ein Archiv der Namen beinhaltet nur für die Steiermark insgesamt mehr als tausend Kurz-Biografien von Opfern des Nationalsozialismus. Eigene Routen bieten thematische Rundgänge.

Für Smartphones via GPS

Die Landkarte wird auch fürs Smartphone entwickelt, daher lassen sich Infos mittels GPS-Daten vor Ort abrufen. „Es wird zusätzliches Material geben, damit die Landkarte gut im Unterricht eingesetzt werden kann“, erklärt der Zeithistoriker. Das Projekt sei ja nie fertig, neues bzw. vorhandenes Material soll laufend eingepflegt werden, so Lamprecht.

Das Vorhaben basiert auch auf einer umfangreichen Forschungsarbeit, die als Publikation vorliegt: „Orte und Zeichen der Erinnerung. Erinnerungszeichen für die Opfer von Nationalsozialismus und Krieg in der Steiermark“ von Heimo Halbrainer, Gerald Lamprecht und Georg Rigerl.

Viele Beteiligte

Am Projekt „Digitale Erinnerungslandschaft Österreich (DERLA) – Verfolgung und Widerstand im Nationalsozialismus – Dokumentieren und vermitteln“ arbeiten das Centrum für Jüdische Studien der Uni Graz, das Holocaust-Education Institut des Wissenschaftsministeriums und das Zentrum für Informationsmodellierung der Universität Graz. Förderungsgeber sind unter anderem der Zukunftsfonds des Landes Steiermark, der Zukunftsfonds bzw. auch der Nationalfonds der Republik Österreich, die Stadt Graz sowie das Land Vorarlberg.