Tempo 80 – Immisionsgesetz Luft auf der Westautobahn in Kraft
ORF.at/Georg Hummer
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Politik

Luftgüte: RH fordert strengere Tempolimits für Graz

Der Bundesrechnungshof kritisiert in einem am Freitag veröffentlichten Bericht die nicht ausreichenden Maßnahmen zum Schutz vor Luftverschmutzung durch Verkehr im Großraum Graz – und fordert zugleich strengere Tempolimits.

Der Straßenverkehr sei laut dem Bericht ein wesentlicher Verursacher von Luftschadstoffen: Seit 2005 sanken zwar die Stickstoffoxid-Emissionen des Lkw-Verkehrs um rund 70 Prozent, jene des Pkw-Verkehrs blieben aber unverändert hoch, urteilte der Rechnungshof, der die Jahre 2014 bis 2019 geprüft hat.

Immer mehr Autos

Allen voran Diesel-Pkws stoßen laut den Prüfern Stickstoffoxide weit über die Grenzwerte aus: In Graz wurden hohe, über den Grenzwerten liegende Schadstoffkonzentrationen sowohl bei Stickstoffdioxid als auch bei Feinstaub an der Messstelle Don Bosco registriert; Vergleichsmessungen in weiten Bereichen der Stadt hätten noch höhere Messwerte aufgewiesen.

Hinzu komme, dass Graz prozentuell einer der am stärksten wachsenden Ballungsräume in Österreich ist: Zwischen 2002 und 2015 erhöhte sich die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in Graz um rund 41.300, auch die Anzahl der Ein- und Auspendelnden steige kontinuierlich.

Maßnahmen nicht weitreichend genug

Das Land Steiermark erstellte das Luftreinhalteprogramm 2014, aber „jene verkehrsspezifischen Maßnahmen, die die Luftschadstoffe besonders wirksam reduziert hätten, wurden nicht realisiert“ – Stichwort Citymaut oder ein verpflichtender autofreier Tag.

Die mit dem Luftreinhalteprogramm 2014 eingeführten flexiblen und permanenten Geschwindigkeitsbeschränkungen auf den Autobahnen im Großraum Graz werden in dem Bericht zwar erwähnt, doch das fixe Tempolimit von 100 km/h gelte nur auf einem rund vier Kilometer langen Abschnitt der Südautobahn (A2). Der Rechnungshof empfiehlt dem Land Steiermark sowie dem Verkehrsministerium, die Einführung permanenter Geschwindigkeitsbeschränkungen zu prüfen: Tempo 100 auf Autobahnen und Tempo 80 auf Bundes- und Landesstraßen.

„Im Sinne der Verbesserung der Luftgüte und des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung sind die wirksamsten Maßnahmen zu ergreifen. Besonders Fahrbeschränkungen im motorisierten Individualverkehr im Großraum Graz sollten erneut geprüft werden. Die Einschränkungen würden zudem die CO2-Emissionen reduzieren und einen wertvollen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten“, heißt es. Zudem soll der Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes forciert werden.

Weitere Vertragsverletzungsverfahren drohen

Der Rechnungshof wies außerdem darauf hin, „dass die lang andauernden Überschreitungen der Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid gemäß Luftqualitätsrichtlinie zu Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich führten. Im Zusammenhang mit zu hohen Stickstoffdioxid-Werten läuft nach wie vor ein Verfahren – im Falle einer Verurteilung kann dies zu hohen finanziellen Belastungen der betroffenen Gebietskörperschaften führen.“

NEOS: „Stadt hat versagt, Land war untätig“

Der steirische NEOS-Chef Niko Swatek meinte nach dem Rechnungshofbericht: „Die Stadtpolitik hat versagt, und das Land war untätig. Leidtragende sind die Grazerinnen und Grazer, die unter der schlechten Luft leiden. Die Steiermark muss umsteigen. Dafür braucht es endlich Straßenbahnen, die über die Stadtgrenze fahren, Pendlerinnen und Pendler muss man bereits vor Ort abholen und das Umland effizient an Graz anbinden.“

Grüne fordern Ausbau des öffentlichen Verkehrs

Die Grazer Grünen pochten nach dem „vernichtenden“ Bericht auch auf den Ausbau von Straßenbahnen und die Idee eines S-Bahn-Rings. Umweltstadträtin Judith Schwentner wünscht sich noch vor dem Sommer eine Entscheidung, denn auch in Sachen Bundesfinanzierung dränge die Zeit. „Die reservierten Bundesmittel mit überzeugenden Plänen abzuholen ist eine Riesenchance für den Großraum Graz.“

KPÖ-Stadträtin schlägt Akutmaßnahme vor

Die Grazer Verkehrsstadträtin Elke Kahr (KPÖ), sagte nach Veröffentlichung des RH-Berichtes, es sei klar, dass zur Verbesserung der Luftqualität weitere Anstrengungen im Verkehr notwendig seien. Als Akutmaßnahme schlug Kahr vor, an Tagen mit besonders hoher Belastung autofreie Tage einzuführen. Kahr betonte jedoch, dass diese Maßnahme bisher von Stadt- und Landespolitik abgelehnt worden sei. Tatsache ist laut Kahr, dass die Mobilitätsdaten der Grazer einen Trend zu weniger Auto zeigen, der in die Stadt einströmende Verkehr, sowie ein Zunahme an Lieferverkehr würde diesem Trend aber entgegenwirken, so Kahr.