Geplante Metro-Station am Jakominiplatz
Stadt Graz/Strohecker Architekten/Newages
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Verkehr

Graz soll Metro bekommen

Bis 2030 soll Graz eine U-Bahn bekommen: Am Donnerstag wurden die Pläne für zwei Linien mit einer Streckenlänge von insgesamt 25 Kilometern präsentiert. Damit will man den Staus, dem Lärm und der Luftverschmutzung entgegenwirken.

Dass die Stadt Graz ihr Straßenbahnnetz stark ausbauen will, ist schon länger bekannt – mehr dazu Experte hält Murgondel und Mini-U-Bahn für möglich (8.6.2019).

Machbarkeitsstudie präsentiert

Straßenbahnen sind von Staus aber oft nicht ausgenommen – und hier soll nun eine Minimetro Abhilfe schaffen. Diese Idee war bereits im Jahr 1999 Thema des Gemeinderats; 2018 brachte der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) die U-Bahn dann wieder ins Gespräch, und die Pläne wurden konkretisiert. Nun gibt es eine Machbarkeitsstudie, die am Donnerstag präsentiert wurde.

Nagl: „Wir stoßen an unsere Grenzen“

Es sei ein neues Verkehrszeitalter, das in den nächsten Jahren in Graz anbrechen könnte, so Nagl bei der Präsentation: „Graz und der Zentralraum rund um Graz wachsen enorm – fast 500.000 Menschen leben und arbeiten hier, dementsprechend viel Verkehr gibt es auf unseren Straßen und unseren Plätzen.“ Verkehrsüberlastung, Staus, Lärm und Luftverschmutzung sind daher an der Tagesordnung: „Wir haben uns in den letzten Jahrzehnten bemüht, durch Investitionen in Straßenbahn und Busse die Qualität des öffentlichen Verkehrs zu verbessern und zu beschleunigen, nur stoßen wir letzten Endes jetzt auch an Grenzen“, so Nagl.

Zwei Linien

Abhilfe sollen nun zwei U-Bahn-Linien schaffen: Die M1 verbindet das UKH mit dem Hauptbahnhof, Lendplatz, Jakominiplatz, Uni, LKH und Berliner Ring, die M2 fährt von Webling über Don Bosco und den Griesplatz weiter durch Geidorf bis Gösting.

Netzplan
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„Wir brauchen eine attraktive Schnelligkeit bei gleichzeitig hoher Erschließungsqualität. Wenn wir uns anschauen, vom UKH bis zum Berliner Ring in 20 Minuten, so sind das sehr attraktive Fahrzeiten. Ähnliches gilt für die Nord-Süd-Linie, die beim künftigen Nahverkehrsknoten Gösting beginnt und bis nach Webling führt, und das in einer Fahrzeit von 22 Minuten“, sagte Peter Veit, Leiter des Instituts für Eisenbahnwesen an der TU Graz.

Automatisiert, kostengünstig und pünktlich

Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h soll die Grazer U-Bahn die geplanten 27 Haltestellen im 2,5- bis Vier–Minuten-Takt vollautomatisch bedienen, erklärte U-Bahn-Experte Michael Lichtenegger: „Ein automatisierter Betrieb bedeutet fahrerlose Züge, es ist sehr kostengünstig zu betreiben, sehr energiesparsam zu betreiben, und es ist unglaublich pünktlich. Ein solch automatisiertes System ist auch sehr sicher, weil die Bahnsteige Türen haben.“

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Geplante Metro-Station
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Kosten: 3,33 Milliarden Euro

Die Kosten für den Bau der Infrastruktur und Flotte liegen bei 3,33 Milliarden Euro. Nagl und auch die Experten gingen in ihren Berechnungen davon aus, dass der Bund sich an den Kosten mit 50 Prozent beteiligt; auch das Land Steiermark werde sich beteiligen müssen, um die U-Bahn für Graz möglich zu machen. Zunächst müsse aber erst einmal ein Grundsatzbeschluss fallen. Gibt es diesen und stehe die Finanzierung, werden Einreichpläne gemacht und das UVP-Verfahren abgewickelt – dafür seien drei Jahre einzuplanen.

Inbetriebnahme für 2030 geplant

Die Bauweise soll dann großteils unterirdisch mit Tunnelvortrieb erfolgen – der U-Bahn-Bau selbst könnte damit sehr schnell gehen, sagte Wulf Schubert vom Institut für Tunnelbau an der TU Graz: „Nach fünf Jahren etwa können wir die U-Bahn benützen.“

In Betrieb gehen soll die Metro damit bereits 2030. Die Prognosen der Experten gehen zum Start von täglich 200.000 Passagieren aus; insgesamt sollen dann 450.000 Fahrgäste pro Tag im öffentlichen Verkehr unterwegs sein – das wäre eine Steigerung von 41 Prozent gegenüber jetzt.

Verkehrsstadträtin Kahr für sachliche Diskussion

Verkehrsstadträtin Elke Kahr (KPÖ) – sie war nicht bei der Präsentation der schwarz-blauen Stadtregierung – fordert eine sachliche und unaufgeregte Diskussion, um alle Vor- und Nachteile abzuwiegen: Die „am Gemeinderat vorbei beauftragte“ Studie sei genau zu prüfen, „zumal ja die eigentlich zuständigen Fachleute der Stadt nicht eingebunden waren und die S-Bahn als interessante Alternative gar nicht vorkommt. Klar ist aber, dass eine seriöse Abwägung der Systemvarianten unabdingbar ist, bevor der Gemeinderat eine Entscheidung treffen kann.“

Es gehe um viel Geld, sagte Kahr: „Deshalb ist es auch notwendig, die von uns bevorzugten S-Bahn-Verbesserungen für die Einpendler zu schaffen, weil wir zutiefst davon überzeugt sind, dass vor allem die Menschen wohnortnahe einen guten öffentlichen Verkehr bis in das Zentrum der Stadt brauchen. Da sind wir der Überzeugung, dass das eine S-Bahn leisten kann. Am allerwichtigsten ist: Es darf auf keinen Fall dazu kommen, dass das Straßenbahnnetz, das wir weiter ausbauen wollen, deshalb auf Eis gelegt wird, das würde es bedeuten, wenn eine U-Bahn kommt.“

Opposition skeptisch

Auch die Opposition ist skeptisch: NEOS spricht von einem „Luftschloss“, Bürgermeister Nagl wolle sich lieber sein persönliches Denkmal setzen, als die beste Verkehrslösung für Graz umzusetzen – man fordert einen Ausbau des Straßenbahnnetzes. Ähnlich auch die Grazer Grünen, die sich auch für Maßnahmen über der Erde aussprechen. So soll laut den Grünen ein S-Bahn-Ring um die Stadt gebaut werden. Den U-Bahn-Plänen stehe man skeptisch gegenüber.

Bei der Grazer SPÖ spricht man von einer „schillernden Seifenblase“: „Natürlich ist eine U-Bahn ein reizvoller Gedanke, um sich einen Namen zu machen, ein Denkmal zu setzen. Aber: Die aktuelle Verkehrsmisere löst das nicht“, so der Grazer SPÖ-Klubvorsitzende Michael Ehmann.

Lang sieht bei der Finanzierung den Bund in der Pflicht

Der Verkehrsreferent des Landes, Anton Lang (SPÖ), sagte am Donnerstag zu den Grazer U-Bahn-Plänen: „Die Stadt Graz und das Umland werden in den kommenden Jahren massiv wachsen. Daher braucht es für die Landeshauptstadt und den Ballungsraum im Verkehrsbereich die bestmöglichen Lösungen.“ Die am Donnerstag präsentierten Pläne der Grazer Stadregierung seien jetzt fair und objektiv zu bewerten, sagte Lang weiter. Er sei als Verkehrsreferent für alle Vorschläge und Ideen gesprächsbereit.

Die Finanzierungsfrage könne erst nach Festlegen der konkreten Lösungen geklärt werden – und Lang weiter: „Für mich ist aber klar: Ein Grazer U-Bahn-Projekt steht und fällt mit einer Finanzierungszusage des Bundes, denn der Großteil der Kosten muss vom Bund getragen werden“, sagte der steirische Verkehrsrefernt.

Verkehrsministerin Gewessler zurückhaltend

Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) sagte am Donnerstag, sie kenne die Pläne derzeit nur aus den Medien. Man sei mit dem Land Steiermark in guten und weit fortgeschrittenen Gesprächen zu den Ausbauplänen der Grazer Straßenbahn, so die gebürtige Steirerin. Hier bestehe die Möglichkeit, dass sich der Bund erstmals bei förderfähigen Plänen beteiligt, hieß es aus dem Büro der Ministerin. Bei der Weiterentwicklung des stadtregionalen öffentlichen Verkehrs liege der Fokus insbesondere auf dem Ausbau bestehender Systeme, die sich rasch umsetzen lassen, hieß es weiter.