Gestüt Piber wird digital erfasst
APA/LBI ARCHPRO/JONA SCHLEGEL
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Wissenschaft

Lipizzanergestüt Piber wird digital erfasst

Das Lipizzanergestüt Piber wird vollständig digital erfasst: Mithilfe von Laserscans sollen die historischen Bauwerke und die Landschaft rund um das Gestüt digital bewahrt und breit zugänglich gemacht werden.

Mit Technologien wie Bodenradar oder Scannern aus der Luft und am Boden widmen sich die Wissenschaftler um den Leiter des Ludwig Boltzmann-Instituts für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI ArchPro), Wolfgang Neubauer, der zerstörungsfreien Auffindung, Dokumentation und Visualisierung archäologischer Funde.

Schon Stonehenge oder die Pyramiden ähnlich erfasst

Sie können damit das Gelände und im Boden verborgene archäologische Strukturen mit hoher Genauigkeit erfassen und rekonstruieren. Das Institut hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen bei der digitalen Dokumentation ganzer archäologischer Fundstellen und Weltkulturerbe-Landschaften gemacht, etwa für Stonehenge, die Pyramiden von Gizeh oder die Wikingerstadt Birka.

„Ungestörtes archäologisches Fundgebiet“

Nun widmen sich die Forscher dem Gestüt Piber, dessen Wissen um die Zucht der weltbekannten weißen Hengste in die Liste des immateriellen Kulturerbes ebenso aufgenommen wurde, wie die Tradition der Klassischen Reitkunst der Spanischen Hofreitschule. „Das Gestüt ist mit seiner romanischen Kirche, dem Schloss Piber mit seinen Stallungen, der Reithalle und seinen Außenhöfen und Sommeralmen nicht nur eine bedeutende historische Landschaft, sondern auch ein über Jahrhunderte ungestörtes archäologisches Fundgebiet“, so Neubauer.

Hightech-Drohne mit Laserscanner

Bereits seit Mitte November untersucht er mit seinem Team mit modernsten Technologien das Gebäudeensemble und die umliegende Landschaft mit dem Ziel, diese in den virtuellen Raum zu transformieren. So wurden mit einer Drohne der Waldviertler Firma Riegl, die einen Laserscanner und eine Kamera trägt, weite Teile des Gestüts digital vermessen; zudem wurde mit einem terrestrischen Laserscanner die gesamte Pfarrkirche St. Andreas innen und außen dokumentiert.

Auf den Freiflächen rund um die Kirche kam Bodenradar zum Einsatz, um Bestattungen in der unmittelbaren Nähe des Gebäudes zu lokalisieren. Die Weideflächen des Gestüts werden mit magnetischen Prospektionsmethoden untersucht, die es ermöglichen, ohne Ausgrabung einstige Gruben, Gräben, Pfostenlöcher, Mauern, Feuerstellen und Öfen im Boden zu orten.

Gestüt Piber wird digital erfasst
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Die Arbeiten sollen bis April abgeschlossen sein. „Wir bewahren und sichern damit den Zugang zu diesem außergewöhnlichen Kulturerbe auch für die zukünftigen Generationen“, wird die Geschäftsführerin der Spanischen Hofreitschule, Sonja Klima in einer Aussendung zitiert.

Weil der Brand der Hofburg 1992 gezeigt habe, wie rasch jahrhundertealte Bauwerke unwiederbringlich zerstört werden können, soll im Zuge des Projekts auch der einzigartige Dachstuhl der Winterreitschule in der Hofburg, der damals nur knapp das Feuer überstanden hat, vollständig digitalisiert werden.

Attraktivität soll gesteigert werden

Die digitale Dokumentation soll dann auch in das Vermittlungskonzept des Museums einfließen, wo künftig etwa 3D-Modelle des Geländes sowie der Hofreitschule in Wien zu sehen sein werden. Auch eine Virtual Reality-App über das gesamte Gelände sei geplant, und in der Folge werde man sich online virtuell einen Eindruck vom Lipizzanergestüt verschaffen können. „All das soll die Attraktivität von Piber steigern“, so Neubauer.

Museum wird neugestaltet

Das Team des Boltzmann-Instituts wird in enger Zusammenarbeit mit der Hofreitschule und der Gestütsleitung auch ein Konzept für die Neugestaltung des bestehenden Museums und der Ausstellungsräumlichkeiten im Schloss Piber ausarbeiten. Für die nächsten fünf Jahre planen die Projektpartner jährlich eine große Sonderausstellung zu den historischen Reitervölkern wie den Skythen, Hunnen, Awaren, Magyaren und Mongolen.

„Wir wollen in Piber die goldenen Pferdedarstellungen der prähistorischen Skythen, das goldene Zaumzeug der Hunnen, die Gürtelgarnituren der Awaren und Magyaren und die Prunksättel der Mongolen den historischen Exponaten in der geplanten Dauerausstellung im Museum, der Geschirrkammer im Schloss und in der Alten Schmiede gegenüberstellen“, so Neubauer.