Geplante Metro-Station
Stadt Graz/Strohecker Architekten/Newages
Stadt Graz/Strohecker Architekten/Newages
Verkehr

Experte: Metro für Graz ergibt wenig Sinn

Die am Donnerstag präsentierte Machbarkeitsstudie für eine Mini-U-Bahn in Graz sorgt für Diskussionen. Der renommierte Wiener Verkehrsexperte Hermann Knoflacher hält eine Metro in Graz für wenig sinnvoll, was bei den Studienautoren für Kopfschütteln sorgt.

Die Grazer ÖVP-FPÖ-Stadtregierung präsentierte am Donnerstag eine Machbarkeitsstudie für eine Mini-U-Bahn: Dabei sprachen sich Fachleute einhellig für den Bau zweier Linien aus, eine zwischen Nord und Süd, eine zwischen Ost und West. Insgesamt soll es 27 Stationen geben, die Erstinvestition wird mit 3,3 Milliarden Euro beziffert; die Eröffnung soll bereits 2030 erfolgen – mehr dazu in Graz soll Metro bekommen.

„Nicht optimal“

Er halte von einer U-Bahn für Graz dagegen relativ wenig, es sei denn, man wolle die Tunnelbauindustrie fördern – für den öffentlichen Verkehr in Graz wäre sie aber nicht optimal: So fällt wiederum die Einschätzung von Knoflacher, mittlerweile emeritierter Professor am Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik der TU Wien, zum Thema Metro für Graz aus.

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Geplante Metro-Station am Jakominiplatz
Stadt Graz/Strohecker Architekten/Newages
Geplante Metro-Station am Jakominiplatz
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Geplante Metro-Station
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Geplante Metro-Station am Jakominiplatz
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Was bekommt man für das Geld?

Man müsse sich fragen, was der Bürger für das Geld bekomme, „und der Bürger in Graz würde genauso wie in allen anderen Städten dieser Größenordnung mindestens die zehnfache Länge an Straßenbahnen bekommen – also 25 Kilometer U-Bahn oder 250 bis 300 Kilometer Straßenbahnen. Und man kann sich vorstellen, wie dann der öffentliche Verkehr in Graz funktionieren würde. Das setzt aber voraus, dass die Politik und die Verwaltung in der Lage sind, den Platz an der Oberfläche für die Straßenbahnen frei zu machen.“

Aber auch wenn man U-Bahnen baut, müsse man an den Oberflächen bei den Haltestellen große Fußgängerzonen mitplanen, sagt Knoflacher, und der Zugang zu einer U-Bahn sei aufgrund des Höhenunterschiedes nicht so einfach wie bei Straßenbahnen.

3,3 Milliarden zu niedrig geschätzt

Vergleichbare Städte mit U-Bahnen etwa in Deutschland hätten zudem mit relativ hohen Betriebskosten zu kämpfen – Rolltreppen und Aufzüge verursachen hohe Zusatzkosten, sagt Knoflacher: 3,3 Milliarden Euro seien da seiner Ansicht nach insgesamt eine viel zu niedrige Schätzung.

Der Werbefilm der Graz-Holding für die angedachte Grazer Metro

Fahrradgeschwindigkeit

Dass in der Studie eine Geschwindigkeit von 80 km/h angegeben werde, bedeute nicht, dass man tatsächlich mit dieser Geschwindigkeit von A nach B komme, sagt Knoflacher: „Die U-Bahn hat in Graz bei der Haltestellendichte und bei der Streckenlänge im Schnitt eine Geschwindigkeit, die ungefähr mit dem Fahrrad auch gefahren werden kann, und das Fahrrad ist halt immer noch gesünder und billiger.“

Dass Straßenbahnen im Autoverkehr stecken bleiben, könne man mit eigenen Spuren und mit der Bevorzugung bei Signalanlagen verhindern: Solche Maßnahmen seien billiger und wirksamer – man müsse nur den Mut haben, dem Auto den Platz an der Oberfläche wegzunehmen, so Knoflacher abschließend.

Studienautoren: „Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen“

Bei den Studienautoren sorgen Knoflachers Aussagen für Kopfschütteln: Natürlich könnten Straßenbahnen für das Geld gekauft werden, aber „wo sollen diese fahren, wenn im Stadtraum keine Flächen vorhanden sind bzw. der Lebensraum eingeengt wird. Und wer fährt damit, wenn der Betrieb wegen der Engstellen und der Staus nicht attraktiv ist“, so Andreas Solymos, einer der beiden Geschäftsführer der Projektgesellschaft MUM 2030+.

Auch bezüglich der Finanzierung seien die Aussagen von Hermann Knoflacher nicht nachvollziehbar, "da die Kostenannahmen unserer Finanzexperten, die tagtäglich mit solchen Projekten zu tun haben, sehr konservativ erfolgte. Man sollte nicht Äpfel mit Birnen – sprich U-Bahn-Systeme der alten Generation mit innovativen autonomfahrenden Systemen – vergleichen“, betont der andere „MUM 2030+“-Geschäftsführer Gernot Kurrent.

Überhaupt als „absurd“ bezeichnet Solymos auch die behauptete Reisegeschwindigkeit, welche „Fahrradtempo entspräche“: „Ein Reiseschnitt von 36 km/h ist für Radfahren in der Stadt nicht nur eine Illusion, sondern einfach eine kuriose Aussage und auch kein ernstzunehmendes Ersatz-Angebot für die 452.000 täglichen Personenfahrten mit Pkws über die Stadtgrenze. Da werden sich viele bedanken.“