Landesgericht Graz
ORF.at/Roland Winkler
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Gericht

Nachbarin gewürgt: Zwölf Jahre Haft

Ein 57-Jähriger ist am Dienstag im Grazer Straflandesgericht wegen versuchten Mordes und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Er soll im Juli des Vorjahres versucht haben, seine Nachbarin und Freundin zu erwürgen.

Die Staatsanwältin beschrieb zum Verhandlungsstart am Dienstag noch einmal kurz und knapp die Fakten: Im Juli 2020 hatte der 57-Jährige zunächst mit seiner Nachbarin Bier, Wein und Wodka getrunken. Dann kam es zum Streit und er würgte die Frau. „Ich bring’ dich um, du stirbst jetzt“, soll der 57-Jährige zu seiner Nachbarin, mit der er auch in Beziehung stand, gesagt haben. Die Frau konnte flüchten – mehr dazu in Nachbarin gewürgt – Mann festgenommen (18.78.2020).

Verteidiger: „Keine stichhaltigen Beweise“

Der Beschuldigte randalierte dann aber auch noch bei der Polizei. Den Polizisten drohte er laut Anklägerin „Ich hol jetzt meine Puffn, dann erschieß ich euch alle“. Dem Mann wird deshalb versuchter Mord und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen.

Vor Gericht fühlte sich der 57-Jährige allerdings in keiner Weise schuldig. Der Angeklagte leugnete alles – sowohl den Mordversuch, als auch die Bedrohung der Beamten. „Es gibt keine stichhaltigen Beweise“, betonte der Verteidiger, die Anklage gründe ausschließlich auf den Angaben des Opfers. Sein Mandant habe sich nur gewehrt, weil die Frau mit der Faust auf ihn losgegangen war.

Angeklagter mit Gedächtnislücken

„Wir waren rauschig“, beschrieb der Oststeirer die Situation. Die Richterin wollte wissen, wann die Beziehung der beiden begonnen habe. „Beziehung…“, überlegte der Befragte und antwortete schließlich: „Wir haben zwei Mal Sex gehabt.“ „Während der ganzen Beziehung?“, fragte die Richterin nach. „Ja“, sagte der 57-Jährige.

An besagtem Abend sei die Nachbarin wieder zu ihm gekommen und ins Schlafzimmer gegangen. An den folgenden Streit konnte sich der Angeklagte in keiner Weise mehr erinnern. „Was ist dann passiert?“, fragte die Richterin. „Auf einmal rinnt mir die Blutsuppn runter. Sie hat zwei Mal hergeschlagen, aufs Aug und auf die Nase“, schilderte der 57-Jährige. „Warum?“, wollte die Richterin wissen. „Weiß ich nicht“, lautete die Antwort. Sie sei „immer so jähzornig gewesen, einmal hat sie mir die ganze Wohnung zerlegt“.

57-Jähriger: „Ich hab sie nur weggedrückt“

Um weitere Angriffe abzuwehren, erfasste der Angeklagte nach seinen Angaben eine Hand und den Hals der Frau. „Ich habe sie nur weggedrückt“, meinte er. Vor der Polizei hatte er noch ohne Bedauern gemeint: „Wenn ich länger zugedrückt hätte, wäre die Sau tot gewesen.“

Auch die Betroffene schilderte die Ereignisse anders: Es habe sich sehr wohl um eine Beziehung gehandelt, sagte sie, „er hat meiner Mutter erzählt, dass er mich heiraten will“. Der Nachbar sei dauernd eifersüchtig gewesen, darum sei es auch an diesem Abend zum Streit gekommen. „Plötzlich packt er mich am Hals und drückt zu“, erzählte die Frau. „Ohne Anlass?“, fragte die Richterin. „Ja“, beteuerte die Zeugin. „Und wie haben Sie sich befreit?“, interessierte die Vorsitzende. „Ich habe ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen.“

Zwölf Jahre Haft für 57-Jährigen

Bei der Frau wurden Hämatome und Kratzspuren am Hals festgestellt, bei dem 57-Jährigen die Verletzungen im Gesicht. Die Geschworenen befanden den Oststeirer einstimmig für schuldig, er wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.