Wissenschaft

Mit UV-Bestrahlung gegen Neurodermitis

Auf der Suche nach neuen Behandlungsmethoden gegen Neurodermitis ist ein steirisch-französisches Forscherteam offenbar fündig geworden: Mithilfe von UV-Bestrahlung soll der Abwehrmechanismus der Haut gestärkt werden.

In der westlichen Welt sind bis zu 20 Prozent der Kinder und auch viele Erwachsene von Neurodermitis betroffen: Die lästigen Ekzeme, der starke Juckreiz und die Veränderungen der Haut sind nicht nur körperlich, sondern oft auch psychisch belastend. Ein großer Teil des Risikos, Neurodermitis und Allergien zu entwickeln, wird vererbt, in Kombination mit Umwelteinflüssen kommt es zur Krankheitsentstehung.

Eiweißmoleküle im Visier der Forscher

Während leichte Verläufe von Neurodermitis mit entzündungshemmenden Wirkstoffen bereits behandelbar sind, reichen die Möglichkeiten der Therapie für schwere Formen der Erkrankung jedoch noch nicht aus. Die Forscher des steirisch-französischen Forschungsprojektes setzen auf kleine Eiweißmoleküle, sogenannte antimikrobielle Peptide (AMP) und Phototherapie, teilte die Medizinische Universität Graz am Montag mit.

Die steirisch-französische Forschergruppe auf der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten gegen Neurodermitis
Medizinische Universität Graz
Das Forscherteam, aufgenommen vor der CoV-Pandemie

Es hat sich gezeigt, dass bei Patienten mit Neurodermitis eine Besiedlung und Infektion der Haut mit dem Bakterium „Staphylococcus aureus“ häufig ist, ebenso wie eine gestörte Menge und Qualität an AMP auf der Haut. Auf diese kleinen Eiweißmoleküle, die vom Körper selbst gebildet werden und auf ihre Verbindung mit Mikroben auf der Haut haben es die Forscher der Uniklinik für Dermatologie und Venerologie der Med Uni Graz, des Instituts National de la Santé et de la Recherche Médicale (INSERM) und des International Center for Infectiology Research (CIRI) im französischen Lyon abgesehen.

Körpereigene Abwehrmechanismen

Laut den Forschern sollen antimikrobielle Peptide das gesunde Gleichgewicht des Hautmikrobioms aufrechterhalten und pathogene Mikroben, die sich auf der Haut ansiedeln, abwehren. Darüber hinaus greifen die Peptide in das immunologische Geschehen im Körper ein: „Sie können also körpereigene Abwehrmechanismen des Immunsystems verändern. Neben der Beteiligung an angeborenen Immunantworten sind AMP auch aktiv an der Gestaltung von adaptiven Immunantworten beteiligt“, erklärte Vijaykumar Patra von der Med-Uni Graz.

Antimikrobielle Datenbank geplant

Gemeinsam will man mit einer neuartigen Methode zur Isolierung und Charakterisierung dieser Peptide eine umfassende Datenbank der AMP erstellen. „Wir werden ausgewählte AMP aus dieser Datenbank als Therapeutika zur Neutralisierung pathogener Mikroben und zur Verringerung der Symptome von Neurodermitis untersuchen, um mögliche Therapiemöglichkeiten zu finden“, beschrieb Peter Wolf, Vorstand der Grazer Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, das vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Vorhaben.

Die Abbildung zeigt sogenannte antimikrobielle Peptide  (APM)
Medizinische Universität Graz
Die Abbildung zeigt die antimikrobielle Paptide

Eine bereits weit verbreitete Behandlungsform für moderate bis schwere Neurodermitis ist die UV-Bestrahlung, also die Phototherapie. Die Forscher gehen davon aus, dass die UV-Strahlung auf Zellen und Moleküle in der Haut einwirkt und so die Produktion und Freisetzung antimikrobieller Peptide ausgelöst wird.

Vielversprechende Ergebnisse

„Unsere Forschungsergebnisse zeigen die positiven Auswirkungen von UV-Exposition auf das Hautmikrobiom und die Expression von AMP, die so vielversprechend sind, um sie weiter zu verfolgen und für die Entwicklung neuer Behandlungsstrategien zu nutzen“, schilderte Wolf die weiteren Pläne. Diese sollen speziell in der Behandlung der durch das Bakterium „Staphylococcus aureus“ verursachten Hautentzündungen eingesetzt werden.

Mittels Microarray-Analyse im Mausmodell und jüngst in einer klein angelegten klinischen Studie wurden die Annahmen bereits erstmals bestätigt. „Nun werden wir die Dynamik verschiedener Mikroben in der Neurodermitis-Haut vor und nach der Phototherapie untersuchen und ihre Häufigkeit mit dem Gehalt an AMP auf der Haut in Beziehung setzen. Denn es gibt zahlreiche andere AMP, die noch nicht untersucht wurden“, blickt Patra in die Zukunft.