Chronik

Zahnärztin soll gesunde Zähne gebohrt haben

Im Bezirk Graz-Umgebung sieht sich eine Zahnärztin mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Sie soll Behandlungen an gesunden Zähnen durchgeführt haben, die aus ärztlicher Sicht offenbar nicht notwendig waren. Gegen die Medizinerin wurde ein Berufsverbot verhängt.

Es melden sich immer mehr Betroffene bei ihm, sagte der Grazer Anwalt Frank Carlo Gruber: Er hatte die ersten vier Fälle seiner Mandanten vor wenigen Tagen öffentlich gemacht und damit offenbar eine Welle losgetreten. Ein Patient soll sich wegen der falschen Behandlung sogar verschuldet haben.

Bis zu 40 gesunde Zähne „grundlos zerstört“

Ein Gutachten würde bestätigen, dass die Behandlungen nicht notwendig gewesen wären, so der Anwalt: In Summe gehe es bisher um 30 bis 40 gesunde Zähne, die die Ärztin aufgebohrt und mit Füllungen versehen haben soll, so Gruber. Er wirft der Zahnärztin mehrere Delikte vor: „Schwere Körperverletzung, weil gesunde Zähne hier laut Gutachten sozusagen grundlos zerstört wurden. Dann ist es meiner Ansicht nach auch gewerbsmäßig schwerer Betrug, der Schaden jedes Einzelnen ist weit über 3.000 Euro.“

Kredit für Zahnbehandlung aufgenommen

In einem Fall habe die Rechnung rund 16.000 Euro betragen, sein Mandant habe dafür einen Kredit aufnehmen müssen und einen laut Gutachten irreversiblen Schaden an den Zähnen erlitten. Über das Motiv kann Gruber nur mutmaßen: „Ob das jetzt reine Geldgier ist oder ob sie vielleicht irgendeine Krankheit hat, vielleicht will sie behandeln, wo es nichts zu behandeln gibt. Eines muss man sagen, die Arbeit selbst ist laut Gutachten gut gemacht. Sie war zwar in keinem Fall notwendig, aber sie war gut gemacht, und das mutet sonderbar an“, sagte der Rechtsanwalt.

Zahnärztekammer kann Vorwürfe „nicht nachvollziehen“

Der Anwalt der Beschuldigten, Gerhard Stingl, bezweifelte gegenüber der Wochenzeitung „Der Grazer“ das Gutachten und will es überprüfen lassen – es sei fehlerhaft, mehrere Dinge würden darin verwechselt und auch Zähne falsch bezeichnet, so Stingl. Bei der Zahnärztekammer kennt man den Fall mittlerweile auch, Präsidentin Veronika Scardelli zeigte sich von den Vorwürfen überrascht: „Für uns ist die Kollegin unbescholten, es hat nie etwas gegeben. Sie hat einen tadellosen Leumund, wir können das nicht nachvollziehen.“

Vorläufiges Berufsverbot wegen „Gefahr in Verzug“

Dennoch verhängte das Land Steiermark mittlerweile ein vorläufiges Berufsverbot über die Zahnärztin – es bestehe „Gefahr in Verzug“, so die Begründung. Die Maßnahme gelte, solange ein Strafgerichtsverfahren läuft. Bei der Staatsanwaltschaft Graz werden Ermittlungen bestätigt, nähere Erkenntnisse seien in zwei Wochen zu erwarten, hieß es.