AstraZeneca-Impfstoff
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Coronavirus

Embolie nach Impfung: Untersuchung läuft

Der Fall einer Krankenpflegerin, die in Graz nach einer CoV-Impfung eine Lungenembolie erlitten hat, schlägt hohe Wellen. Der Fall wird untersucht, laut Experten sei aber eine Embolie als Folge einer Impfung nie ganz auszuschließen.

Die steirische Krankenpflegerin erlitt wenige Tage nach der Impfung mit dem Vakzin von AstraZeneca eine Lungenembolie – mehr dazu in Nach Impfung: Krankenpflegerin mit Lungenembolie. Es ist nicht der erste derartige Fall: In Zwettl in Niederösterreich starb eine Krankenpflegerin kurz nach der CoV-Schutzimpfung – mehr dazu in Todesfall: Nebenwirkungen werden analysiert (noe.ORF.at).

„Kein Hinweis auf kausalen Zusammenhang“

Alle Dosen aus der Charge, mit der die Grazer Krankenpflegerin geimpft wurde, seien bereits damals – Mitte Februar – verimpft worden, mögliche Komplikationsmeldungen habe es sonst keine gegeben, sagt der steirische Impfkoordinator Michael Koren: „Was wir wissen, ist, dass das die einzige Komplikation ist, die bis dato aufgetreten ist. Es wurden damit einige hundert Impfwillige geimpft, und es ist bis dato die einzige Impfreaktion, die aufgetreten ist – generell muss man sagen, dass es aktuell auch keinen Hinweis auf einen kausalen Zusammenhang mit der Impfung gibt.“ Um aber einen möglichen ursächlichen Zusammenhang ausschließen zu können, werde es jetzt auf Bundes- und auf EU-Ebene zu Untersuchungen kommen, so der Impfkoordinator.

Auch laut der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) gibt es aktuell keinen Hinweis auf einen kausalen Zusammenhang mit der Impfung, dieser könne jedoch auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. In der Steiermark wurden zudem etwa 5.000 Dosen der Impfstoffcharge aus Zwettl verimpft – laut Koren gab es aber auch hier keine Meldungen über mögliche Komplikationen.

Lungenembolie keine übliche CoV-Impfreaktion

Der Impfstoff von AstraZeneca wurde weltweit bislang rund zwölf Millionen Mal verimpft, immer wieder mit leichten Impfreaktionen. Der Hygieniker Bernhard Haas von der Med-Uni Graz sagt, die Zahl der üblichen Impfreaktionen liege im zweistelligen Prozentbereich, das sei aber so wie in den Zulassungsstudien beschrieben.

Lungenembolien gehören allerdings auf keinen Fall zu den bekannten Impfreaktionen, bestätigt auch Klaus Vander vom Institut für Krankenhaushygiene an der Med-Uni Graz: „Nein, auf keinen Fall, in keiner der zugrunde gelegten Studien, die einst zur Freigabe geführt haben, ist das beschrieben gewesen. Die klassischen Nebenwirkungen bzw. Begleitreaktionen sind ja vielmehr Rötung, Schwellung, Schmerzhaftigkeit im Bereich der Einstichstelle, und insbesondere bei den jüngeren Geimpften unter 30 aufgrund einer noch sehr starken Reaktion des Immunsystems kann es in den ersten 36 bis 48 Stunden zu Fieber, Schüttelfrost und einem Krankheitsgefühl kommen.“

„Eine Frage der Wahrscheinlichkeit“

Vander vermutet, dass „ein unter Umständen zeitlicher Zusammenhang besteht, dieser zeitliche Zusammenhang ist letzten Endes auch dadurch zu erklären, dass wir nun auch eine zunehmende Anzahl an geimpften Personen betrachten, und es nur mehr eine Frage der Wahrscheinlichkeit darstellt“, also ein schicksalhaftes Eintreten einer Krankheit in zeitlicher Nähe zur Impfung, aber ohne kausalen Zusammenhang damit.

Ähnlich sieht das auch Christa Wirthumer-Hoche, die Leiterin der AGES Medizinmarktaufsicht: „Bei den schwerwiegenden Nebenwirkungen, die einen Krankenhausaufenthalt nach sich ziehen oder auch einen Todesfall, ist es nicht so einfach, 100-prozentig abzuklären, ob das nun im Zusammenhang steht mit einer Impfung, die im gleichen Zeitraum stattgefunden hat.“

Man warte noch auf das Ergebnis der Obduktion der verstorbenen Krankenpflegerin, so Wirthumer-Hoche; auch habe eine Inspektion im Hinblick auf die sanitären Umstände stattgefunden: „Wie das Produkt gelagert war, wie es verabreicht wurde, die Spritzen und alles – da ist ein absolut positives Gutachten erstellt worden, dass alles in Ordnung war.“

Lungenarzt: „Die Alternative ist, dass es Zufall war“

Auch Horst Olschewski, der Leiter der Klinischen Abteilung für Lungenkrankheiten am LKH Graz, kann derzeit nur Mutmaßungen anstellen: „Aus einer kleinen Stichprobe, so wie das jetzt aus den Studien vorliegt, kann man keine sicheren Schlussfolgerungen daraus ziehen, ob ein Medikament, in einer großen Bevölkerung angewendet, auch wirklich ganz sicher ist hinsichtlich selten auftretender Nebenwirkungen. Das bedeutet mit anderen Worten: Man kann nicht ausschließen, dass bei den Fällen, die jetzt beobachtet wurden, wo es nach der Injektion eines Impfstoffes zu einer Lungenembolie gekommen ist, der Impfstoff diese Reaktion hervorgerufen hat. Die Alternative ist, dass es ein Zufall war.“

Dass möglicherweise Luft in der Spritze diese Embolien verursacht hat, schließt Olschewski dagegen sehr wohl aus: „Die Menge Luft, die in so einer Spritze enthalten ist, ist extrem klein. Es ist völlig auszuschließen, dass das irgendeinen hämodynamischen Effekt macht. Außerdem geht die Luft ja nicht in die Vene, sondern in den Muskel.“

Lungenembolien generell sehr selten

Generell kämen Lungenembolien, also das Verstopfen eines Lungengefäßes durch ein abgegangenes Blutgerinnsel, sehr selten vor, sagt Olschewski: „In einer Stadt wie Graz mit 300.000 Einwohnern würde man damit rechnen, dass es im ganzen Jahr 150 Lungenembolien gibt.“ Die Ärztekammer wiederum verweist auf Daten, wonach österreichweit rund 4.000 Menschen jährlich an einer Lungenembolie sterben.