Katholische Kirche  Jesus auf Kreuz
APA/ROBERT JAEGER
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Religion

Osteransprache von Wilhelm Krautwaschl

Auch die christlichen Osterbotschaften stehen heuer ganz im Zeichen der CoV-Krise. Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl vergleicht die aktuelle Lage mit der biblischen Ostergeschichte.

Liebe Steirerinnen und Steirer!

Ich frage Sie ganz unverblümt: Waren Sie im letzten Jahr verzweifelt? Haben Sie sich Sorgen gemacht um Ihre Zukunft oder die Zukunft Ihrer Lieben? Fühlen Sie sich unverstanden oder benachteiligt? Wunder wäre das keines in einer Zeit, in der gute Nachrichten Seltenheitswert haben. Denken wir an die Corona-Krise mit all ihren Auswirkungen auf das wirtschaftliche, soziale und persönliche Leben, die Verfolgung von Christen und Menschen anderer Religionen, die Schicksale geflüchteter Menschen in Europa, an Hunger, an Naturkatastrophen, an den Klimawandel. Dennoch meine ich, dass uns gerade Ostern zeigt, dass wir nicht verzagen brauchen. Dazu möchte ich Sie zu einer kleinen Reise durch die Ostertage einladen.

Starten wir unsere Reise am Karfreitag, dem Todestag Jesu, an dem wir im christlichen Sinne auf dramatische Weise mit der Sterblichkeit konfrontiert werden. Mit dem Tod, der im letzten Jahr präsenter war als selten zuvor. Mit dem Ausgeliefertsein an Umstände, die wir nicht beeinflussen können. Schwierige Erfahrungen zu durchleben ist ein Aspekt von Ostern, ist ein Aspekt von Leben.

Vielleicht ertönt das Wort aus Psalm 22, mit dem Jesus am Kreuz mit seinem Schicksal hadert, auch in uns: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Zurückgeworfen zu sein auf sich selbst – das wurde und wird uns allen abverlangt. Das auszuhalten ist schwer. Aber das – durchaus auch klagend – zu erfahren, macht uns einmal mehr menschlich.

Denken wir einen Tag weiter an den Karsamstag und die Ohnmacht der Freunde und Weggefährten Jesu. Ihr Erlöser ist gestorben – der Tod hat den Sohn Gottes hinweggerafft. Am Palmsonntag war der Jubel unendlich, nun scheint jegliche Hoffnung erloschen. Die Machtlosigkeit wird fast unerträglich – so wie Unmut, Verzweiflung, psychische und finanzielle Belastung heute.

Und doch zeigt das, dass unser Gott auch die dunkelsten Erfahrungen, die einem Menschen begegnen können, selbst am eigenen Leib ausgehalten hat. Sich dagegen zu erheben und laut zu werden, mag verlockend sein. Aber wir müssen uns eingestehen, dass es das Anstehen, das nicht weiter Wissen gibt. Halten wir Gott diese Erfahrungen und unser Klagen hin! Und folgen wir dem zuvor erwähnten Psalm 22 weiter, der nicht in Trostlosigkeit verharrt, denn gegen Ende heißt es: „Aufleben soll euer Herz für immer.“

Wir alle sehnen uns nach einem Aufleben. Sei es ein gesellschaftliches, sei es das der Natur, sei es ein Aufleben von Beziehungen und der eigenen Lebensfreude. Dafür steht der Ostersonntag, der Tag der Auferstehung, der Freude. Die Pandemie hat uns gelehrt, das wertvolle Gut des Lebens hochzuhalten, damit nicht leichtfertig umzugehen und sich für das Leben einzusetzen – für das der Nächsten und für das eigene. Der Einsatz für das Leben in seinem umfassenden Sinne ist ein klarer Auftrag für uns. Ein Auftrag, den wir nicht allein bestreiten müssen, denn der Auferstandene geht mit uns: „Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“, zitiert der Evangelist Matthäus den Auferstandenen am Ende seines Evangeliums.

Zu Ostern feiern wir, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern neues Leben hervorbringt. Und vor allem, dass es stets Hoffnung gibt. Jene Hoffnung, die viele Menschen im letzten Jahr anderen gebracht haben. Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die für ihre Nächsten da waren und sind – trotz aller Sorgen und Probleme und der Einschränkungen, die wir erdulden.

Was wünsche ich mir für die Zukunft? Ich bete darum, dass wir voll Zuversicht miteinander voranschreiten, egal wie dunkel die Tage erscheinen mögen. Für mich steht außer Frage, dass wir nur gemeinsam und mit Gottes Hilfe diese Krise meistern werden.

Ihnen wünsche ich von Herzen – verbunden mit meinem Segen – den Mut, den Verlust von Bekanntem zu benennen, die Zuversicht auf eine erfüllte Zukunft und die Chance, neue Möglichkeiten wahrzunehmen und daran zu wachsen.

Gott behüte und segne Sie und alle, die Ihnen nahestehen!