Wissenschaft

„Vererbte“ Pilze lassen uns Äpfel und Kürbisse schmecken

Äpfel und Kürbisse gelten als steirische Traditionserzeugnisse. Forscher der TU Graz fanden nun heraus, dass Geschmack, Ertrag und Gesundheit der Früchte ganz wesentlich mit den vererbten Pilzen auf den Samen der Pflanzen zu tun haben.

Auf allen Organismen, egal ob Mensch, Tier oder Frucht, leben Bakterien und Pilze – sie werden zusammen als Mikrobiom bezeichnet. Ein Team des Instituts für Umweltbiotechnologie rund um Institutsleiterin Gabriele Berg untersuchte nun in zwei voneinander unabhängigen Studien die Mikrobiome von Äpfeln und Ölkürbissen näher und fand dabei heraus, dass für die Pflanzen nützliche Bakterien weitgehend „vererbt“, also an die nächste Generation weitergegeben werden, während die Gemeinschaft der Pilze im Mikrobiom stark vom jeweiligen Bodenmikrobiom und somit vom Standort abhängig sind.

Nützliche Mikroorganismen werden weitergegeben

Die Züchtung des steirischen Ölkürbis sei mit rund 150 Jahren relativ jung und gut dokumentiert. Durch die gezielte Züchtung resistenter, immer schmackhafterer und ertragreicherer Kürbispflanzen hat sich das Samen-Mikrobiom des Ölkürbis über die Generationen mitverändert, erklärt Peter Kusstatscher, einer der Studienautoren: „Wir haben Bakterien und Pilze am Samen der Ölkürbisse untersucht und herausgefunden, dass die Pflanze einen Großteil ihrer Bakterien am Samen – bis zu 60 Prozent nämlich – an die nächste Generation weitergibt, während die Pilzvielfalt am Samen weitgehend vom lokalen Bodenmikrobiom abhängt. Vererbt werden dabei vor allem für die Pflanzen nützliche Mikroorganismen.“

Lokale Unterschiede

In einer zweiten Studie wurden Äpfel der Sorte „Royal Gala“ erstmals hinsichtlich der Zusammensetzung und allfälliger lokaler Unterschiede ihres Mikrobioms auf und in der Apfelfrucht untersucht. Ein internationales Team zeigte, „dass Beschaffenheit und Struktur der Pilz- und Bakteriengemeinschaften des Apfels zum Zeitpunkt der Erntereife von Region zu Region variieren, also stark vom geografischen Standort und somit von den vorherrschenden klimatischen Bedingungen und der Bewirtschaftungspraxis abhängig sind“. Insbesondere die Pilzvielfalt der Früchte sei signifikant standortabhängig und lege einen Zusammenhang zu Art und Häufigkeit von Nachernteerkrankungen nahe.

Ahmed Abdelfattah, Erstautor der Studie, erklärt das genauer: „Bei aller regionalen Unterschiedlichkeit der Mikrobiom-Gemeinschaft des ‚Royal Gala‘-Apfels, konnten wir im weltweiten Vergleich ein sogenanntes ‚Kern‘-Mikrobiom identifizieren, das Früchte auf der ganzen Welt gemeinsam haben. Dieses globale ‚Kern‘-Mikrobiom ist durch mehrere nützliche mikrobielle Indikatoren repräsentiert und macht einen Gutteil der mikrobiellen Gemeinschaft der Frucht aus.“

Neue Zuchtmöglichkeiten in Aussicht

Ähnlich wie die Studienergebnisse zum Ölkürbis lege auch diese Studie – die Ergebnisse wurden in „Environmental Microbiology“ publiziert – einen Grundstein für neue Ansätze zur Verbesserung der Fruchtqualität und -gesundheit. Weiters bilden die Erkenntnisse die Grundlage für Untersuchungen komplexer mikrobieller Interaktionen auf der Oberfläche von Apfelfrüchten. Beide Studien würden die Bedeutung des Mikrobioms für Gesundheitsfragen von der Kulturpflanze im Agrarökosystem bis zum Menschen, der die Lebensmittel konsumiert, unterstreichen. Gleichzeitig könnten sich neue Wege zum Mikrobiom-Management für eine umweltfreundliche Kontrolle von Schaderregern eröffnen.