Babyfüße
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Gesundheit

„Schreibabys“: Unterstützung für Eltern

Etwa zwei von zehn Babys schreien besonders viel – und das kann Eltern an ihre Belastungsgrenze bringen. In Österreich können stark belastete Familien in den ersten drei Lebensjahren Unterstützung bekommen, heißt es von Seiten der Experten.

In bestimmten Phasen der Entwicklung ihres Neugeborenen würden Eltern stählerne Nerven brauchen. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass gesunde Babys im zweiten und dritten Lebensmonat auch mal zwei bis drei Stunden am Tag weinen – insbesondere in den Abendstunden“, so Reinhold Kerbl, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde am Montag; er leitet auch die Kinder- und Jugendabteilung am LKH Hochsteiermark in Leoben.

Bis zu drei Stunden Weinen „nicht ungewöhnlich“

Schreien Säuglinge aber täglich mehr als drei Stunden an mindestens drei Tagen der Woche über mehr als drei Wochen aus unerklärlichen Gründen und lassen sie sich kaum beruhigen, gelten sie als „Schreibabys“. Die Ursachen für anhaltend schreienden Nachwuchs sind noch weitgehend unbekannt; es handle sich laut dem Kinderarzt zwar um eine anstrengende, dafür aber um eine vorübergehende Phase: Das Phänomen könne ab dem Alter von etwa zwei Wochen beginnen und bis zum Alter von etwa drei bis vier Monaten andauern.

Schütteln bedeutet Lebensgefahr!

In extremen Fällen beginnen überforderte Eltern das Baby zu schütteln und können es damit lebensgefährlich verletzen: „Beim Schütteln fällt der Kopf des Babys nach vorne und hinten, denn die Nackenmuskulatur ist noch zu schwach, um den Kopf zu halten. Dieser macht zudem einen großen Teil des Körpergewichts aus. Bei diesem Vorgang bewegt sich die Gehirnmasse hin und her, wodurch Blutgefäße reißen können und es zu Hirnblutungen und Verletzungen kommen kann“, erklärt der Mediziner.

Auch in der Augennetzhaut sind Blutungen möglich, die Sehstörungen oder sogar Blindheit zur Folge haben können, „und auch wenn Eltern dem schreienden Baby den Mund zuhalten, kann daraus Lebensgefahr resultieren: Der Säugling bekommt dann zu wenig Sauerstoff und kann ersticken“, warnt Kerbl eindringlich.

Manche Mütter hören stressbedingt frühzeitig mit dem Stillen auf, und einige würden sogar eine Depression entwickeln: Sie fühlen sich hilflos, wenn ihr Baby trotz aller Bemühungen unaufhörlich brüllt. Die allgemein schwierige Situation durch die CoV-Pandemie könne außerdem zu einer Verstärkung des Problems beitragen.

Schreien als mögliche Reaktion auf Reize

Früher sprachen Experten von „Dreimonatskoliken“, da sie vermuteten, dass unter anderem Blähungen verantwortlich seien – heute sprechen Fachleute von einer Regulationsstörung, wobei die genauen Mechanismen noch unklar sind. Experten vermuten, dass manche Säuglinge in einer bestimmten Phase ihrer Entwicklung empfindlicher auf Reize von außen wie beispielsweise Gerüche, Geräusche und Schmerzen reagieren und sich dann schwer selbst beruhigen können; aber auch die noch unvollständige Anpassung an den Tag-Nacht-Rhythmus könnte eine Rolle spielen.

Im Zweifelsfall Kinderarzt aufsuchen

Um die tatsächliche Schreidauer des Kindes zu ermitteln, rät Kerbl zu Zeitaufzeichnungen. Wenn ein sonst gesund wirkendes Baby mehrere Tage hintereinander sehr lange und viel schreit und sich nicht beruhigen lässt, sollen sich die Eltern jedenfalls an den Kinder- und Jugendarzt wenden.

„Der Pädiater kann dann sicherstellen, dass keine Krankheit die Ursache für das Schreien ist. In den meisten Fällen kann er Eltern beruhigen und sie in dieser schwierigen Zeit mit Empfehlungen und Informationen, unter anderem auch über Hilfsangebote, unterstützen“, betont Kerbl; Hilfe können sich stark belastete Eltern auch in Ambulanzen und bei Frühe-Hilfen-Netzwerke holen.