Die Frauengewaltschutzorganisationen fordern nach dem bereits neunten Mord an einer Frau in diesem Jahr eine drastische Aufstockung des Budgets und vor allem 3.000 zusätzliche Jobs, insbesondere in der Gewaltprävention; und sie kritisierten, dass die Organisationen mit ihrer Expertise zum Gipfel gegen Gewalt an Frauen am Montag nicht eingeladen sind – mehr dazu in 3.000 Jobs in Prävention gefordert (news.ORF.at).
Gewalt an sich in den Fokus rücken
Günther Ebenschweiger beschäftigt sich seit 35 Jahren mit Gewaltprävention. Er fordert von der Politik einen Perspektivenwechsel, um Gewalttaten – wie etwa Morde an Frauen – künftig zu verhindern: „Solange wir uns damit aufhalten, die Männer zu verteufeln und ihnen sozusagen die Schuld zu geben und nicht den Fokus darauf zu richten, dass Gewalt ganz generell das Problem ist, solange werden wir da natürlich überhaupt nichts weiterbringen“, so Ebenschweiger.
Er mache in seiner Arbeit keinen Unterschied, von wem die Gewalt ausgeht, so Ebenschweiger: „Für mich ist Gewalt nicht zu respektieren, nicht zu tolerieren und nicht zu akzeptieren. Und da spielt es keine Rolle, ob die von einem Kind ausgeht, von einem Erwachsenen, von einem Senior, von einer Frau, von einem Mann oder von einer Struktur.“
Die Politik müsse bei „der Gewalt“ ansetzen und dürfe nicht ausschließlich „den Mann“ als Feindbild ausmachen, denn diese Diktion würde groteskerweise mehr den Frauen und Kindern schaden, so der Experte: „Weil mit dieser Diktion hat sich das Tabu so verschärft, dass sich keiner aus dieser Gewaltspirale getraut herauszutreten.“
Forderung: Niederschwelliges Angebot ausbauen
Nur 15 Prozent der Frauen, die häusliche Gewalt erfahren, wagen es, zur Polizei oder zu einer Beratungsstelle zu gehen, bei jenen, die sexuelle Gewalt erfahren, sind es sogar nur sieben Prozent. Deshalb fordert Präventionsexperte Günther Ebenschweiger dringend den Ausbau niederschwelliger Präventionsangebote so wie in anderen europäischen Ländern.
„Das heißt, es darf natürlich nichts sein, das wieder stigmatisiert. Da darf jetzt wieder nicht draufstehen: ‚Häusliche Gewalt‘ oder wie auch immer. Es müsste etwas sein, wo der Mensch oder die Menschen einfach hingehen können und sagen: Ich habe da ein Thema – ich würde gar nicht sagen Problem – ich habe ein Thema, und wie gehe ich damit um?“, so Ebenschweiger. Außerdem brauche es Beratungen für das soziale Umfeld von Betroffenen: Viele wenden sich nämlich zunächst an Freunde und Familie, wenn sie Gewalt erfahren.