Handbuch zeigt Barrieren im Kulturbereich
APA/ANNEMARIE HAPPE
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Kultur

Kultur für alle: Grazer Leitfaden für Inklusion

Ein nun aufgelegtes Handbuch zeigt, wie kulturelle Teilhabe für Menschen mit besonderen Bedürfnissen erleichtert werden kann. Das Grazer Kulturjahrprojekt „Kultur inklusiv“ hat den Leitfaden entwickelt und nun präsentiert.

In der steirischen Landeshauptstadt Graz leben rund 50.000 Menschen mit einer Beeinträchtigung. Sie sollen sich in den Kultureinrichtungen willkommen fühlen. Wie gut das funktioniert, hat eine Fokusgruppe in 21 Institutionen ausgelotet und vorhandene Grenzen aufgezeigt.

Das Handbuch „Grazer Leitfaden für inklusive Kultur“ liegt zur kostenfreien Entnahme in den Grazer Kulturinstitutionen auf oder kann bei der Akademie Graz unter 0316/8379850 bestellt werden.

Verbesserungsbedarf festgestellt

Eine Fokusgruppe aus Menschen mit verschiedenen besonderen Bedürfnissen hat sich das Grazer Kulturprogramm und Kulturstätten näher angesehen. Das daraus hervorgegangene Handbuch wurde am Mittwoch präsentiert und zeigt auf, wie Barrieren im Kulturbereich abgebaut werden können: So haben etwa acht Stätten im Bereich der baulichen Maßnahmen nicht gut abgeschnitten; auch in der digitalen Kommunikation, bei leichter Sprache, Gebärdendolmetsch und Audiodeskriptionen gibt es ebenso noch einigen Verbesserungsbedarf.

Regelmäßiges Feedback geplant

„Wir sind draufgekommen, dass schon vieles möglich ist, aber noch nicht alles erreicht wurde“, so Matthias Grasser vom inklusiven Festival InTaKT – er ist selbst Rollstuhlfahrer. In Zukunft will man in regelmäßigen Abständen Institutionen besuchen und Feedback geben, „um sicherzustellen, dass das Kulturleben inklusiv stattfinden kann“, wie Grasser in dem Handbuch etwa festhielt.

Handbuch zeigt Barrieren im Kulturbereich
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„Viele ungewollte Barrieren“

Viele Kulturinstitutionen sind bemüht und befinden sich auf dem Weg zu mehr baulicher Barrierefreiheit. Oftmals ist sich der Kulturbereich seiner eigenen Zugangsbarrieren und ausschließenden Strukturen nicht bewusst, wohl auch weil Betroffene zu wenig einbezogen werden: „Die vielen ungewollten Barrieren zum Kulturprogramm sichtbar zu machen und zu beheben, ist gegenwärtig eine der wichtigsten Aufgaben im Kulturbereich. Schließlich ist die kulturelle Teilhabe ein Menschenrecht, das eigens nochmals in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben wurde“, betonte Projektleiterin Astrid Kury von der Akademie Graz.

Aufforderung zum Hinterfragen

Die Vision eines inklusiven Zusammenlebens sei nicht von heute auf morgen herzustellen: „Man kann es nicht von Stunde eins auf richtig machen, aber man kann sich gemeinsam auf einen Weg machen“, resümierte Kury die Netzwerkarbeit des vergangenen Jahres.

Die Vision sei jedenfalls ein bereichernder Weg und „eine Aufforderung miteinander lang geübte Usancen im Kulturbetrieb zu hinterfragen. Und es ist eine Gelegenheit neue Konzepte für Kunstprojekte und Ausstellungen zu entwickeln, die für alle ein Mehr an Erlebnis, Verständlichkeit und Zugänglichkeit ermöglichen“, hielt Kury fest.

Museum übernimmt weitere Verantwortung

Präsentiert wurde das rund 70-seitige Handbuch im neuen GrazMuseum am Schloßberg. Das im Vorjahr eröffnete Museum wurde in Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern des Vereins Selbstbestimmt Leben und dem Referat Barrierefreies Bauen so konzipiert, dass die Örtlichkeit räumlich und inhaltlich besonders zugänglich ist, wie Sibylle Dienesch vom GrazMuseum hervorhob.

Mit dem Handbuch sei ein wichtiger Meilenstein erreicht worden: „Nun geht es darum, das Erarbeitete weiterzutragen und mit einem größeren Kreis an Kulturschaffenden und Menschen mit Behinderungen weiterzuentwickeln“, so die Vizerektorin des GrazMuseum.

Das Museum wird im Herbst die weitere Verantwortung für das Projekt übernehmen und im kommenden Jahr fortführen. Als ein „wichtiges Projekt, das vorhandene Grenzen aufzeigt“ und helfe, diese zu überwinden und Kultur für alle erlebbar und begreifbar zu machen, bezeichnete Kulturstadtrat Günter Riegler (ÖVP) den Grazer Leitfaden für inklusive Kultur.

Inklusion: CoV verschärft Isolation

Das plötzliche Ende des gewohnten sozialen Lebens durch die CoV-Pandemie hat vielen Menschen zu schaffen gemacht, das gilt besonders für Menschen mit Behinderung. Die hohe Arbeitslosigkeit kann, so Experten, ihre Isolation noch weiter verschärfen – mehr dazu in Inklusion: CoV verschärft Isolation.