AVL List Graz
ORF.at/Christian Öser
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Wirtschaft

AVL im CoV-Jahr mit 13 Prozent weniger Umsatz

Der Grazer Technologiekonzern AVL List hat ein schwieriges Jahr 2020 hinter sich: Der Umsatz brach um 13 Prozent auf das Niveau von 2018 ein, auch mussten 220 Mitarbeiter gekündigt werden. Der Ausblick ist aber positiv.

Der Umsatz ging im Vorjahr von 1,97 Mrd. Euro (2019) auf 1,70 Mrd. Euro zurück. „Wir haben beim Umsatz sechs Jahre lang ein deutliches Wachstum von über zehn Prozent gehabt und auch 2019 waren es noch fast 13 Prozent plus. Nun sind es genau diese 13 Prozent weniger, was für uns ein ziemliches Manöver war, denn durch das starke Wachstum davor wirkt sich das stärker aus“, so AVL-CEO Helmut List am Freitag im Bilanz-Gespräch mit der APA.

Weniger Umsatz, aber mehr Geld für die Forschung

Der Umsatzrückgang habe dazu geführt, dass man noch mehr in Eigenforschung investiert hat: Statt zehn lag der Anteil bei zwölf Prozent, „um unsere wichtigen Programme der Elektrifizierung, des ADAS (Advanced Driver Assistance Systems, Anm.), des autonomen Fahrens, des Batterieentwickelns und -testens voranzutreiben“.

Besonders aufgefallen ist von 2019 auf 2020 ein deutlicher Rückgang des Verbrennungsmotorengeschäfts – sowohl bei Entwicklungen als auch beim Testen. „Gleichzeitig haben wir einen starken Schub bei den neuen Technologien erlebt.“ Der starke Anstieg habe laut List den Rückgang im Verbrenner-Bereich abgefedert. „Wir machen nun 50 Prozent unseres Umsatzes mit den neuen Antriebstechnologien und dazu passenden Test-Werkzeugen und Software-Plattformen. Der frühe Einstieg in diese neuen Bereiche vor über 15 Jahren macht sich bezahlt.“

2020 brachte Digitalisierungsschub

Beim Mitarbeiterstand hat sich seit den Kündigungen – weltweit waren es um die 500 – wenig getan – mehr dazu in 220 Mitarbeiter der AVL List verlieren Job (1.10.2020). In Österreich werden rund 4.000 Leute beschäftigt, weltweit sind es um die 11.000. Im Vorjahr arbeiteten etwa 60 Prozent der Belegschaft aus dem Homeoffice, momentan liege der Anteil bei etwa 30 Prozent.

2020 habe jedenfalls einen kräftigen Schub in Richtung Digitalisierung gebracht: Immer öfter werden digitale Tools für Remote-Betreuung beispielsweise von AVL-Simulatoren und -Testsystemen standortunabhängig genutzt. „Das werden wir auch in Zukunft nutzen, das spart Zeit und Flugmeilen“, so List.

Trotz schwieriger Marktlage viel investiert

Trotz der schwierigen Marktlage wurde 2020 investiert: 67 Mio. Euro flossen in das Unternehmen zurück, zwei Drittel davon in die neuen Technologien wie etwa Elektrifizierung, Batterien, Brennstoffzelle, Software und Data Intelligence. Ein Teil der Gelder wurde in das Battery Innovation Center und neue Brennstoffprüfstände investiert – der Großteil davon in Graz. „Im Fokus steht die klimaneutrale und nachhaltige Mobilität. Wir haben ein Auge auf die CO2-neutrale Primärenergiequelle über Energieträger bis zum Fahrzeug. Das ist der Schlüssel zur CO2-Einsparung: den Wirkungsgrad erhöhen und die Effizienz im Fahrzeug steigern.“ Unterstützt werde das durch entsprechende Testsysteme, mit denen die AVL schon in den 90er-Jahren als erstes Unternehmen begonnen habe: „Wir haben das hochdynamische Testen erfunden“, sagte List.

Stark in der Formel 1 vertreten

In einem Bereich ist das Testen und die Simulation ganz besonders wichtig: im Motorsport und vor allem in der Formel 1. Sie ist immer noch der Entwicklungsschub für die Serienproduktion, und entsprechend stark ist die AVL in der „Königsklasse“ vertreten: Erst vor wenigen Wochen wurden sechs Prüfstände an Red Bull Racing geliefert, die ja den Honda-Motor nach dem angekündigten Ausstieg der Japaner nun selbst weiterentwickeln müssen. Die Zusammenarbeit betreffe vorwiegend Prüfstände, so List; dass es vielleicht in Zukunft einmal einen AVL-Motor in der Formel 1 geben könnte, hält er für unwahrscheinlich.

Mit Blick auf 2025, wenn die neue Generation an Formel 1-Motoren eingesetzt wird, tue sich auch bei der AVL schon einiges. Als Zulieferer und Entwicklungspartner spüre man schon die Vorwehen: „Bei uns werden jetzt schon dafür Grundlagen geschaffen“, so List. Einen wesentlichen Beitrag soll auch die neue Motorsport-Direktorin der AVL leisten: Die deutsche Rennfahrerin Ellen Lohr ist Michael Resls Nachfolgerin. Die ehemalige Mercedes-Werksfahrerin hat als bisher einzige Frau ein Rennen der DTM gewonnen und zwar Hockenheim 1992.