Das Rollenbild der Mutter hat sich in den vergangenen 100 Jahren dramatisch geändert. Im 19. Jahrhundert ist die Mutter das Herzstück der Familie. Sie hält alles zusammen: den Mann, die Kinder und den Haushalt. Im 20. Jahrhundert ändert sich das Bild der Mutter: Vor allem durch die Markteinführung der Pille, gelingt es der Frau ein selbstbestimmteres Leben zu führen. Außerdem führt die Emanzipation bei vielen Frauen und Müttern zu einem Umdenkprozess.
Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten
Diese neue Rolle der Frau und die damit verbundene Forderung nach Gleichberechtigung sei im Bewusstsein der Gesellschaft zwar definiert, sagt die Grazer Soziologin Karin Scaria-Braunstein. Die Coronavirus-Krise habe aber einmal mehr aufgezeigt, dass dieses Modell in der Praxis in vielen Bereichen noch an seiner Umsetzung scheitert.
Das würden auch aktuelle Studien, die im Zuge der Pandemie erstellt wurden, unterstreichen: „Also es wird hier auch deutlich in den Befragungen, dass es hier eine Diskrepanz gibt zwischen Einstellungen und Verhalten. Also die Aufteilung von Haus-. und Familienarbeit erfährt zwar theoretisch einen großen Zuspruch. Praktisch ist es aber konsequent noch immer nicht umgesetzt. Väter gehen in Österreich kaum in Karenz, jedenfalls nicht über einen längeren Zeitraum. Der Grund dafür ist eine noch immer nicht besonders hohe Akzeptanz gesellschaftlich und von Seiten der Arbeitgeber.“
Norwegen und Schweden als Vorzeigeländer
Es würde aber Vorzeigeländer geben, in denen das schon funktioniert. Scaria spricht von Ländern wie Norwegen oder auch Schweden: „Im nordischen Modell ist die Idee, auf der einen Seite die Eltern zu entlasten, auf der anderen Seite dadurch auch ein egalitäres System zu etablieren und auch wirklich in der Praxis durchzuführen. Also ein größerer Fokus auf Elternkarenz, wo nicht nur die Mutter in Karenz geht sondern auch die Väter in Karenz gehen, wo die Tagesbetreuung für die Kinder einen wichtigen Stellenwert hat. Also, wo es wirklich staatliche Unterstützung dafür gibt, um eine Gleichberechtigung von Müttern und Vätern durchzubringen.“
Mütter häufiger von Altersarmut betroffen
Da Frauen und Mütter hierzulande viel öfter in Teilzeit beschäftigt seien, würden sie auch viel öfter von Altersarmut betroffen sein. Laut Scaria hätte es eine große Notwendigkeit, die Weichen so zu lenken, dass man in naher Zukunft wirklich von einer Gleichstellung oder Gleichberechtigung reden könne.