Piranha
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Wissenschaft

Grazer erforscht „singende“ Piranhas

Piranhas sind nicht stumm – sie verschaffen sich Gehör durch Vibrationen ihrer Schwimmblase. Wie sich ihre Kommunikation entwickelt hat, versucht ein Neurobiologe an der Uni Graz mit Kollegen der Universität Lüttich zu entschlüsseln.

Viele Fische können eine Reihe von beabsichtigten Tönen erzeugen, um Partner zu umwerben, Warnsignale abzugeben, ihr Revier zu verteidigen oder den Zusammenhalt eines Schwarms zu sichern. Einige „singen“ mit ihrer Schwimmblase – das gilt auch für rotbauchige Piranhas (Pygocentrus nattereri).

Evolution brachte Piranhas zum Klingen

Letztere sind Objekt der Forschung des Neurobiologen Boris Chagnaud, der seit zweieinhalb Jahren am Institut für Biologie an der Universität Graz arbeitet. Er untersucht an den Raubfischen der tropischen Süßgewässer, wie die Evolution neuronale Netzwerke verändert, um neue Verhaltensmuster hervorzubringen.

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„Die Laute der Piranhas werden durch die Vibration der Schwimmblasenwand erzeugt, die durch die Kontraktion der bilateralen Schallmuskeln verursacht wird“, erläuterte der Grazer Professor in seiner jüngsten, gemeinsam mit seinen belgischen Kollegen publizierten Studie. Wie er aber auch weiß, diente das neuronale Netzwerk, das die lautproduzierenden Muskel durch Signale kontrolliert, in früheren Phasen der Evolution ausschließlich der Fortbewegung – dem Schwimmen.

Messbare Muskelschwingungen

Im „Journal of Experimental Biology“ hat die Forschergruppe die Ergebnisse ihrer jüngsten Experimente veröffentlicht. Das Team hat die Aktivität des Bewegungsapparates als auch der Schallmuskulatur der Piranhas gemessen. Dabei kam die sogenannte Elektromyographie (EMG) zum Einsatz, bei der die Muskelaktivität anhand von elektrischen Aktionsströmen der Muskel erfasst wird: „Mit Hilfe der Elektromyographie haben wir erstmals die Aktivierungsmuster beider Schallmuskeln während der freiwilligen Schallerzeugung in Piranhas sowie die Aktivität der Bewegungsmuskeln beim Schwimmen aufgezeichnet“, wie Chagnaud erläuterte.

Ähnliche Beobachtungen bei Mäusen

Aus den Ergebnissen schließen die Forscher, dass sich im Laufe der Evolution neuronale Netzwerke für langsame, wechselweise durchgeführte Muskelkontraktion, die für die Fortbewegung notwendig sind, allmählich zu Netzwerken für eine sehr schnelle, gleichzeitige Anspannung von Muskeln veränderten. „Wir konnten zeigen, dass sich im Laufe der Evolution aus dem zentralen Nervensystem im Rückenmark eine eigene motorische Kontrolle herausgebildet hat, die für die Fähigkeit der Lauterzeugung verantwortlich ist“, fasste Chagnaud zusammen.

Beobachtungen bei Wirbeltieren wie etwa Mäusen hätten laut den Autoren bereits gezeigt, dass kleine genetische Veränderungen eine „Neuverdrahtung“ neuronaler Verbindungen induzieren können, die für die Änderung des motorischen Verhaltens verantwortlich ist. Beispielsweise bewirkte bei Mäusen eine Modifikation der neuronalen Organisation von Spinalneuronen, die die Körpermittellinie kreuzen, anstatt auf der gleichen Körperseite zu bleiben, eine Verschiebung von einem alternierenden zu einem synchronen, hüpfenden Gang. Ähnliche Veränderungen könnten auch bei Piranhas aufgetreten sein, vermuten die Autoren.