Chronik

NS-Lager Liebenau: Gedenktafel beschädigt

Auf dem Areal des ehemaligen NS-Zwangsarbeiterlagers Liebenau ist eine Gedenktafel zerstört worden. Zu der Tat im Maria-Cäsar-Park dürfte es bereits in der Vorwoche gekommen sein – Ermittlungen laufen.

Vonseiten der Stadt Graz geht man davon aus, dass die Beschädigung der rund zwei Meter hohen und einen Meter breiten Platte, die erst im Herbst 2020 aufgestellt worden war, mutwillig erfolgt ist: Mit einem harten Gegenstand sei die Spezialverglasung auf einer Seite der frei stehenden Tafel zerstört worden.

Riegler: „Die Symbolik ist eindeutig“

Kulturstadtrat Günter Riegler (ÖVP) zeigt sich bestürzt: „Ich bin zutiefst erschüttert und verurteile diese Schandtat aufs Schärfste. Egal welche niederen Motive hinter diesem Akt des Vandalismus stehen, die Symbolik des Verbrechens ist eindeutig und wir dürfen gerade im Angesicht solcher Taten niemals aufhören zu erinnern und zu mahnen.“

Die beschŠdigte die Tafel, die seit dem Herbst 2020 an das NS-Lager Liebenau in Graz erinnert.
APA/BIK

In der NS-Zeit war der Lagerkomplex im Grazer Bezirk Liebenau das größte Zwangsarbeiterlager im Stadtgebiet mit bis zu 5.000 dort festgehaltenen Personen. Im April 1945 war er eine Station der ungarischen Juden auf den Todesmärschen vom „Südostwallbau“ im Grenzraum zu Ungarn Richtung Nordwesten zum KZ Mauthausen. Nach Ende des Krieges wurden bei Exhumierungen 53 Leichen geborgen. Wie viele Menschen im Lager insgesamt starben und möglicherweise noch dort begraben liegen, ist nach wie vor unklar. Heute befinden sich dort u.a. eine Wohnsiedlung, eine Sportfläche und ein Kindergarten.

Stelzl-Marx: „Beleg für Diskurs-Notwendigkeit“

Die Geschichte hat Barbara Stelzl-Marx, Leiterin des Grazer Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung aufgearbeitet und 2013 publiziert. Einer ihrer Mitarbeiter war in der Vorwoche im Park und hat die Beschädigung entdeckt.

„Die mutwillige Zerstörung dieses Symbols für die aktive Erinnerungs- und Gedenkkultur an einen historisch ‚kontaminierten‘ Ort ist Beleg für die dringende Notwendigkeit eines offenen und nachhaltigen Diskurses über die NS-Vergangenheit und die liberalen, demokratischen und humanitären Werte, für welche die aktive Aufarbeitung dieses finsteren Kapitels steht“, so Stelzl-Marx gegenüber der APA.