Stau in der Stadt
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Verkehr

Grazer Verkehrssystem am Limit

Graz leidet unter dem vielen Autoverkehr – durch das starke Bevölkerungswachstum wird es zunehmend schwierig, zügig durch die Stadt zu kommen. Einzige Lösung ist nach Expertenmeinung, auf den Pkw zu verzichten.

Graz mit seinen fast 300.000 Einwohnerinnen und Einwohnern (mit Hauptwohnsitz; mit Nebenwohnsitz kommen noch einmal rund 30.000 dazu) fährt verkehrstechnisch oft – im wahrsten Sinne des Wortes – am Limit. Zudem wächst die Stadt Jahr für Jahr um 5.000 bis 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner.

Infrastruktur kann nicht mit Wachstum mithalten

Dass die Infrastruktur da nicht mithalten kann, sei eine normale Entwicklung, sagt Verkehrsexperte Bernd Cagran-Hohl: „Graz ist die am schnellsten wachsende Stadt Österreichs. Wir wachsen in der Größenordnung einer kleinen Bezirksstadt, und zwar jedes Jahr, und da ist es auch nicht verwunderlich, dass die Verkehrsinfrastruktur hier in ihren Grundzügen, die noch immer dieselben sind wie vor rund hundert Jahren, nicht mehr ganz mithalten kann.“

Mehr Verkehr geht nicht

Das System werde ständig optimiert und bis an seine Leistungsgrenze ausgereizt – und das funktioniere gut, so der Experte. Allerdings würden in Graz mittlerweile täglich deutlich über vier Millionen Kilometer mit dem Auto zurückgelegt – und so würden die Grazerinnen und Grazer kleinere Verkehrsprobleme heute stärker spüren als noch vor ein paar Jahren.

„Was wir sehen und aus anderen Großstädten gewohnt sind – dass der Verkehr einmal zum Stocken kommt, dass man einmal doch fünf Minuten länger braucht für einen Streckenabschnitt als sonst –, das ist ein Phänomen, das wir in Graz nicht gewohnt sind“, so Cagran-Hohl.

Ein gutes Beispiel sei der Bahnhofsbereich: Schon eine nur fünf Minuten lang gesperrte Fahrspur aufgrund einer Panne reiche hier aus, um einen Stau bis zur Grazer Nordausfahrt zu bilden. „Das ist wie ein Fass, das man bis zu einer Grenze gut auslasten kann. Aber dann kommt ein kleines Tröpfchen mehr, und dann spritzt es sofort über“, so Cagran-Hohl. Damit müsse man sich abfinden, das werde so bleiben.

„Rushhour“ bereits ab 14.00 Uhr

Was sich geändert hat und ein wenig hilft: Typische Stauspitzen von damals gibt es nicht mehr. „Wir sehen auch immer mehr, dass die Nachmittagsspitze immer länger wird. Früher hat man gesagt, zwischen 15.00 und 17.30 Uhr, das ist die Nachmittagsspitze – heute sehen wir zwischen 14.00 und etwa 19.00 Uhr ein Plateau erreicht“, sagt der Verkehrsexperte.

Akuten Handlungsbedarf in Graz sehe er nicht. Mehr gehe eben nicht, so Cagran-Hohl. Was man brauche, sei weniger Autoverkehr, und da befinde sich Graz auf Kurs: Bereits jetzt würden rund 60 Prozent des mobilen Verkehrs in Graz zu Fuß, mit dem Rad oder öffentlich bewältigt.