Unabhängigkeit Slowenien Soldaten im Grenzeinsatz
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Chronik

Unabhängigkeit Slowenien: Erinnerungen der Soldaten

Vor 30 Jahren hat Slowenien seine Unabhängigkeit erklärt. Angesichts der heftigen Kämpfe entschloss sich Österreich, das Bundesheer an die steirisch-slowenische Grenze zu schicken. Mit insgesamt 7.700 Soldaten war das der größte militärische Einsatz des Bundesheeres.

Am 25. Juni 1991 haben Slowenien und Kroatien ihren Ausstieg aus dem Staatsverband Jugoslawien verkündet und ihre Unabhängigkeit erklärt. Bereits am Nachmittag desselben Tages wurde die jugoslawische Volksarmee in Marsch gesetzt, um die Grenzübergänge zu Italien und Österreich zu besetzen. Damit sollte der Welt demonstriert werden, dass Slowenien keine Chance habe, sich von Jugoslawien abzuspalten.

In der Steiermark bildet seit dem Ersten Weltkrieg die Mur die Grenze zwischen den Städten Bad Radkersburg und Gornja Radgona. Am 28. Juni 1991 besetzten jugoslawische Truppen den Grenzübergang auf der slowenischen Seite der Brücke. In der Stadt kam es zu heftigen Kämpfen. Auf der österreichischen Seite liegt die Kaserne in Radkersburg nicht weit von der Grenze entfernt.

Nur „Systemerhalter“ in Kaserne

Martin Weber war zu dieser Zeit dort Wachkommandant und erzählt, wie er den Kriegsbeginn miterlebte: „Mein Torposten fängt draußen zum Hupfen und Springen an und deutet mit den Händen und Füßen und ich mache das Fenster auf und schreie, ‚stehe gerade!‘ und er sagt: ‚Nein, ich höre Kanonenschüsse.‘ Dann habe ich natürlich sofort Alarm gegeben.“ Eine besondere Stresssituation, erinnert sich Weber: „Wir waren gefühlt nur acht Systemerhalter in der Kaserne: Koch, Maler, drei Wachsoldaten, wie direkt an der Grenze der Krieg losgegangen ist. Die Präsenzdiener hatten wir kurz zuvor abrüsten lassen.“

Direkt an der Murbrücke und damit an der vordersten Linie kommandierte Vizeleutnant Gustav Beyer einen Zug gut ausgebildeter Einjährig-Freiwilliger. Der Einsatz begann am 29. Juni als die Kämpfe in Gornja Radgona schon voll im Gange waren. Die Reaktionen der Bewohner von Bad Radkersburg schildert Beyer so: „Ich habe sehr viele Zivilisten hier gekannt, weil ich ja sieben Jahre hier stationiert war. Und sie haben gefragt warum wir erst heute kommen. Und ich habe gesagt, wenn sie uns nicht früher schicken, können wir ja nichts dafür.“

„Unsere stärkste Waffe war das Glück“

Der damalige Oberstleutnant Josef Paul Puntigam führte bis zu 1.600 Soldaten an der 130 Kilometer langen steirisch-slowenischen Grenze. Dabei galt es brenzlige Situationen zu meistern. Nach einer Schießerei wichen etwa jugoslawische und slowenische Soldaten auf österreichisches Territorium aus. Das Bundesheer hatte die Kombattanten zu trennen und die Grenzen zu sichern, schildert Puntigam: „Ich glaube bei den Jugoslawen war es eine Schützengruppe von fünf bis sechs Leuten und bei den Slowenen waren es auch drei bis fünf Leute. Also wenig Leute, aber genug, um sich gegenseitig umzubringen.“

Schließlich meisterte das Bundesheer den Einsatz ohne Verluste, so Puntigam: „Unsere stärkste Waffe war das Glück. Wir hatten unzählige Male einfach Glück. Natürlich waren die Leute exzellent, der Kader exzellent ausgebildet. Natürlich wurde sehr klug durch die militärische Führung immer entschieden. Aber auf Dauer hatte der Tüchtige Glück. Und hätten wir dieses Glück nicht gehabt, ich getraue mich nicht zu sagen, wie der Einsatz wirklich dann abgelaufen wäre.“