Gesundheit

Zöliakie: Überempfindlichkeit mit Folgen

Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel sind tabu – für Zöliakiepatienten. Die Med-Uni Graz bemüht sich nun im Rahmen eines EU-Interreg-Projektes, das Wissen über die Gluten-Überempfindlicheit in die Bevölkerung zu bringen.

Krämpfe im Bauch, quälende Blähungen, Durchfall – das alles oft gepaart mit Kopfweh oder Müdigkeit: Wenn diese Symptome regelmäßig dem Genuss von Nudeln, einer Semmel oder auch eines knusprigen Vollkornbrots folgen, dann kann das etwas mit dem Gluten, das in vielen Getreidesorten steckt, zu tun haben. Ob dieses Klebereiweiß tatsächlich der Verursacher ist, kann jedoch nur der Facharzt feststellen – wenn ja, so leidet der Betroffene an Zöliakie, verträgt also Gluten nicht und kämpft mit besagten Problemen.

Allein an der Grazer Kinderklinik mehr als 300 Patienten

Alleine an der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Graz werden etwa jährlich an die 30 Patienten neu mit Zöliakie diagnostiziert und mehr als 300 Kinder und Jugendliche, die an der Krankheit leiden, kontinuierlich betreut, so Manuel Prevedel – er arbeitet im Team rund um die Pädiatrische Gastroenterologin Almuthe Hauer, die sich vor allem der Behandlung und Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Magen-Darm-bzw. Lebererkrankungen widmet.

Frauen öfter betroffen als Männer

Durch eine Glutenunverträglichkeit kommt es bei Zöliakie zu einer Überreaktion des Immunsystems und zu einer chronischen Entzündung der Dünndarmschleimhaut, erklärte Prevedel. „Häufige Magen-Darm-Probleme, Mangelernährung und Gewichtsverlust sowie Wachstumsverzögerung bei Kindern können darauf hindeuten, aber auch Eisenmangel kann ein frühes Zeichen sein“ erläutert Projektkoordinatorin Hauer. Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, wobei allerdings doppelt so viele Frauen wie Männer betroffen sind; auch erbliche Faktoren dürften laut den Grazer Experten eine Rolle spielen.

Von den etwa 1,2 Millionen Menschen in der Donauregion, die unter dieser Glutenunverträglichkeit leiden, dürften bis zu 80 Prozent unterdiagnostiziert bleiben: „Viele Patienten werden erst mit Verzögerung diagnostiziert, teilweise erst bis zu zehn Jahre nach Auftreten der Erkrankung, oder wenn nach einer positiven Befundung Angehörige gescreent werden“, schildert Projektmitarbeiter Prevedel die Problematik.

Europäische Aufklärungsinitiative

Hier setzt das Projekt „CD Skills“ an: Mit vereinter Expertise wollen Experten aus Belgrad, Budapest, Bukarest, Debrecen, Prag, Meran, Varna, Zagreb und Chisinau das Bewusstsein für diese Erkrankung in der Bevölkerung schärfen, aber auch das Wissen über die Diagnosemöglichkeiten und Behandlungsmethoden der Erkrankung will man vorantreiben.

„Wir haben bereits Schulungsvideos und Comics für Patienten erstellt, arbeiten an einem Produktregister, damit Betroffene wissen, in welchem Land sie welche glutenfreien Produkte erhalten“, sagt Prevedel; weiters werden Pathologen an den aktuellen Diagnostik-Kriterien geschult und Kalibratoren für die bereits vorhandenen Labortests, von denen es in Europa eine ganze Reihe gibt, entwickelt. Initiiert wurde das mit 1,7 Millionen Euro dotierte Projekt vom Universitätsklinikum Maribor.

Der richtige Speiseplan führt zu beschwerdefreiem Leben

Die Ursachen sind bisher noch nicht ganz geklärt, die konsequente Umstellung der Ernährung auf einen glutenfreien Speiseplan der Betroffenen, führt jedoch zu einem beschwerdefreien Leben zurück. Für viele Lebensmittel gibt es mittlerweile glutenfreie Varianten, die allerdings teurer und für Betroffene schwerer leistbar sind. „In Österreich wird für an Zöliakie erkrankte Kinder und Jugendliche die erhöhte Familienbeihilfe gewährt, weshalb wir für die Partnerstaaten in ‚CD Skills‘ diesbezüglich als Role model fungieren“, berichtet die Grazer Expertin Hauer. Zu glutenfreien Getreidesorten gehören übrigens u. a. Reis, Mais, Hirse, Buchweizen, Amaranth oder Quinoa.

„Der wiederholte Verzehr von Gluten bzw. die Nichteinhaltung der Diät kann schwere gesundheitliche Folgen haben: von Verdauungsproblemen, Bauchschmerzen und Gewichtsverlust über Anämie, chronische Müdigkeit, pathologischen Knochenbrüchen bei Osteoporose und Autoimmunhepatitis bis hin zu neurologischen und psychiatrischen Auffälligkeiten oder Wachstums- und Entwicklungsverzögerungen bei Kindern“, warnt Hauer.