Wissenschaft

ÖAW-Weltraumforschung bekommt neue Direktorin

Das Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) bekommt eine neue Leitung: Die deutsche Astrophysikerin Christiane Helling folgt am 1. Oktober Wolfgang Baumjohann nach, der in Pension geht.

Helling wurde 2016 zur Direktorin des St. Andrews Centre for Exoplanet Science und Dozentin für Astronomie und Physik an der University of St. Andrews in Schottland bestellt; zudem ist sie seit 2019 Senior Scientist am niederländischen Institute for Space Research. Schwerpunkt ihrer Forschung ist die chemische Vielfalt von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems und sogenannten Braunen Zwergen – also Himmelskörpern, die eine Sonderstellung zwischen Sternen und Planeten einnehmen – dazu gehört die Untersuchung von Wolkenbildung, deren Einfluss auf das Klima der für uns unerreichbaren Planeten, wie auch dessen Modellierung durch Computersimulationen.

„Mit Kompetenz und Erfahrung überzeugt“

„Christiane Helling hat durch ihre Kompetenz im Bereich der Exoplanetenforschung, ihre weitreichenden internationalen Erfahrungen sowie ihren fächerübergreifenden Forschungsansatz überzeugt. Ich bin mir sicher, dass sie als neue Direktorin die Spitzenposition des Instituts in der Weltraumforschung in Österreich und darüber hinaus weiter ausbauen wird“, so Anton Zeilinger, Präsident der ÖAW.

Die wissenschaftliche Laufbahn der im deutschen Merseburg geborenen Wissenschaftlerin startete 1999 nach ihrer Dissertation am Zentrum für Astronomie und Astrophysik der Technischen Universität Berlin. Vier Jahre später habilitierte sie sich an der TU Berlin. Es folgten eine PostDoc-Stelle an der niederländischen Universität Leiden und ein Forschungsstipendium der ESA, im Anschluss war sie Advanced Research Fellow der Scottish University Physics Alliance an der University of St. Andrews. Im Jahr 2011 hatte sie eine Gastprofessur am Institut für Astrophysik der Universität Wien.

Christiane Helling
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Christiane Helling

2011 wurde Helling auch mit dem Starting Grant des European Research Council (ERC) ausgezeichnet. Sie widmete sich damals bereits den Ionisierungsprozessen in ultrakalten Atmosphären, der Wolkenbildung und Entladungsprozessen, den Auswirkungen von Blitzen als möglicher Quelle von Molekülen am Anfang allen Lebens sowie dem Ursprung von Radio- und Röntgenemissionen von kühlen Atmosphären auf Exoplaneten. Ihrem Team gelang die erste dreidimensionale Wettersimulation eines solchen Planeten.

Zunehmend fächerübergreifende Ansätze

„Die Frage nach dem Platz der Menschheit in den Weiten des Universums ist so alt wie die Menschheit selbst“, wurde Helling anlässlich ihres bevorstehenden Wechsels nach Graz zitiert. Das IWF nehme durch seine Forschung an Planeten innerhalb und außerhalb des Sonnensystems und deren Wechselwirkungen mit den Muttergestirnen wegweisend an der Beantwortung dieser Frage teil – und zwar im Tandem mit gezielten Technologieentwicklungen, wie Helling weiter hervorhob.

„Mit seinen zunehmend fachübergreifenden Ansätzen werde das Institut so auch zu wichtigen Kernthemen des ESA-Wissenschaftsprogramms VOYAGE 2050 beitragen“, zeigte sich die neue Direktorin überzeugt. VOYAGE 2050 ist ein langfristiges wissenschaftliches Planungsprogramm der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), etwa für zukünftige Weltraummissionen.

Suche nach Baumjohann-Nachfolge lief länger als geplant

Die Suche nach der neuen Leitung des IWF hat länger gedauert als geplant: Wolfgang Baumjohann hätte eigentlich schon im August 2018 in Pension gehen können, führte es aber wegen der Verzögerung bei der Kandidatenfindung bis Ende September weiter. Baumjohann hat das Grazer IWF seit 2001 mitgeprägt und war seit 2004 dessen Direktor. Aktuell ist das IWF an 23 Weltraummissionen beteiligt, die von der ESA, der NASA oder nationalen Weltraumagenturen in Japan, Russland, China und Korea geleitet werden. Mit rund 100 Mitarbeiterinnen und -arbeitern ist es eines der größten Institute der ÖAW.