Chronik

Dschihadistenprozess: Strafen für Angeklagte erhöht

Am Grazer Straflandesgericht ist am Donnerstag die teilweise Neuauflage eines Prozesses gegen vier mutmaßliche Dschihadisten beendet worden. Alle wurden wegen des Verbrechens der staatsfeindlichen Verbindung für schuldig befunden.

Der Prozess lief seit 8. November 2019: Zunächst waren 13 Personen angeklagt, elf erschienen zur Verhandlung. Alle standen irgendwie mit dem Grazer Glaubensverein Taqwa in Verbindung. Die schwersten Vorwürfe galten einem 45-jährigen Prediger, der starken Einfluss auf die Moschee genommen haben soll – ihm und anderen wurde angelastet, mehrere Personen animiert zu haben, nach Syrien zu gehen und sich der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) anzuschließen.

Im März 2020 wurden vier mutmaßliche Dschihadisten verurteilt, in sieben Fällen erfolgte ein Freispruch – mehr dazu in Dschihadistenprozess: Fünf Jahre Haft für Prediger (12.3.2020). Dieser ist ebenso bereits rechtskräftig wie die Verurteilung in Bezug auf terroristische Vereinigung und kriminelle Organisation.

Verhandlungspunkt: Staatsfeindliche Verbindung

Der Punkt staatsfeindliche Verbindung musste allerdings nochmals beleuchtet werden. Der Staatsanwalt sagte nun in seinem Schlussplädoyer, die vier Angeklagten hätten „in Österreich ein Kalifat installieren wollen“, und er betonte, dass der Taqwa-Verein nichts anderes getan habe, als „die Ideologie des IS in Graz zu leben“.

Der Gutachter bezeichnete den Prediger als Anhänger der Takfiristen – diese Gruppe fühle sich als „die einzig wahren Muslime. Sie halten selbst Dschihadisten für ungläubig“, beschrieb der Sachverständige. Einige Takfiristen-Führer und Prediger waren beim IS, wurden dort aber entfernt oder hingerichtet, weil sie der Organisation zu extrem waren.

Staatsanwalt: „Das Übel an der Wurzel fassen“

Der Ankläger war davon überzeugt, dass die Angeklagten der Ideologie des IS anhängen würden. „Wir müssen die Entschlossenheit haben, Gesetze anzuwenden“, so der Staatsanwalt. Man müsse „das Übel an der Wurzel fassen“ und sei nicht „verpflichtet zu warten, bis das Fundament der Republik wackelt“.

Verteidiger: „Nur Thesen und Vermutungen“

„Alles nur Thesen und Vermutungen“, hielt der Verteidiger des Predigers dagegen. Niemand habe die Familien, die nach Syrien gegangen seien, überredet: „Es gibt auch so etwas wie Eigenverantwortung“, meinte der Anwalt. „Wie ein roter Faden haben sich Bilder vom Leid der Kinder in Syrien durch die Verhandlung gezogen“, bemerkte sein Kollege, der den Vereinskassier und dessen Frau verteidigte. Er forderte die Geschworenen mit Nachdruck auf: „Lösen Sie sich von den Emotionen und bewerten Sie die Fakten.“

Strafen drastisch erhöht

Die Laienrichter hatte es sich nicht einfach gemacht und sehr lange beraten – schließlich entschieden sie in allen Punkten einstimmig, dass die Angeklagten schuldig seien. Die Strafen wurden drastisch erhöht: Beim Prediger sind es nun acht statt bisher fünf Jahre, der Vereinskassier bekam sieben (vorher vier) Jahre, der Obmann sechs (vorher vier) Jahre, und bei der Frau des Kassiers verdoppelte sich die Strafe von drei auf sechs Jahre. Alle wurden noch im Saal festgenommen bzw. die U-Haft beim Prediger fortgesetzt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.