Grazer Dom
ORF.at/Zita Klimek
ORF.at/Zita Klimek
Religion

Diözese Graz-Seckau verordnet sich Sparkurs

Das Corona-Jahr hat auch die katholische Kirche schwer getroffen, zudem geht die Zahl der Katholiken geht weiter zurück – die Diözese Graz-Seckau muss sparen. Nun sucht man neue Nutzungsmöglichkeiten für Pfarrhöfe und Kindergärten.

Derzeit stehen der Diözese Graz-Seckau rund 73 Mio. Euro pro Jahr an Kirchenbeitragseinnahmen zur Verfügung; inklusive weiterer Einnahmen wie öffentliche Gelder, Spenden und Erträge aus der Forstwirtschaft werden um die 95 Mio. Euro an Gesamteinnahmen gezählt. Damit müssen nicht nur rund 2.000 Gebäude erhalten, sondern auch rund 400 aktive und pensionierte Priester sowie Diakone und andere Mitglieder der Diözese versorgt werden. Insgesamt zählt die Diözese rund 1.200 „Mitarbeiter“; hinzu kommen rund 700 Menschen, die in den 388 Pfarren als Mesner oder in den Pfarrkindergärten arbeiten.

„Es muss kostenseitig eingespart werden“

Die Zahlen für die Zukunft zeigen aber vorerst kein allzu rosiges Bild: Der Anteil an Katholiken in der steirischen Bevölkerung sei von 2010 mit knapp 75 Prozent auf nun knapp 65 Prozent gefallen – noch rund 800.000 Menschen sind es; setze sich die Entwicklung fort, werden es 2030 nur noch 55 Prozent und um die 700.000 Glaubenszugehörige sein, rechnete der Wirtschaftsdirektor der Diözese, Andreas Ehart, bei einem Hintergrundgespräch Donnerstagabend in Seggauberg vor: „Das ist noch immer sagenhaft viel, aber der Anteil ist dann deutlich anders als wir gewohnt sind.“ Da die sogenannte „Babyboomer“-Generation zunehmend in Pension gehe und dahinscheide, werde es ab 2030 einen „deutlichen Einbruch im Kirchenbeitragsaufkommen geben“.

Kirche beschließt Sparkurs

Die römisch-katholische Kirche in der Steiermark kämpft mit einem massiven Mitgliederschwund. Zusätzlich verschärft die Corona-Krise die finanzielle Lage der Kirche. Jetzt muss ein Sparkurs gefahren werden, bei dem man sich auch von Kirchen und Pfarrgebäuden trennen will.

Ehart geht davon aus, dass das Kirchenbeitragsaufkommen 2030 ungefähr gleich hoch sein wird wie heute, allerdings könne der Kaufkraftverlust in den zehn Jahren nicht abgefangen werden, was geschätzt zwei Prozent pro Jahr ausmache: „Es muss daher kostenseitig eingespart werden. Zehn bis 15 Millionen Euro, sprich etwa 1,5 Millionen Euro pro Jahr.“

„Kirchen sind keine Immobilien im klassischen Sinn“

Eine der Stellschrauben, an denen gezogen werden müsse, sei der Gebäudebestand. „Wir können viel davon nicht einfach abgeben, schon gar keine sakralen Bauten, außer vielleicht an andere christliche Glaubensgemeinschaft wie die orthodoxe Kirche“, so Ehart. Ein paar Einzelfälle seien da denkbar, aber es sollen Gotteshäuser bleiben. Das Problem: „Kirchen haben keinen Verkehrswert. Sie sind kein handelbares Gut, keine Immobilie im klassischen Sinn.“ Die Erhaltungskosten seien aber enorm, und es stecke sehr viel ideeller Wert in ihnen, sagte der Wirtschaftsdirektor.

Etwas einfacher werde man sich mit den profanen Gebäuden im Eigentum der Kirche tun: Stichwort Pfarrgebäude, Kindergärten, Friedhofsgebäude. „Die Frage nach dem pastoralen Wert muss gestellt werden. Was wird noch gebraucht – vor allem in zehn oder 20 Jahren“, sagte Ehart.

„Da muss man reinen Wein einschenken“

Mit Spannungen in den Pfarren rechnet Bischof Wilhelm Krautwaschl und sprach von einer großen Herausforderung: „Da muss man reinen Wein einschenken.“ Er hält es etwa für schwer möglich, dass mit der Anzahl der Mitglieder der Pfarre in Bruck an der Mur alle dort bestehenden Kirchen erhalten werden können.

Bischof Wilhelm Krautwaschl und Wirtschaftsdirektor Wirtschaftsdirektor Andreas Ehart
ORF
Bischof Wilhelm Krautwaschl und Wirtschaftsdirektor Andreas Ehart

Darum müsse gespart und gleichzeitig neue Nutzungsformen für nicht mehr benötigte Gebäude gefunden werden: Denkbar wäre etwa, dass Gemeinden ihre Kindergärten in leer stehenden Pfarrgebäude einrichten. Die Diözese bevorzuge Mietmodelle und langfristige Nutzungsvergaben, doch auch Verkäufe seien nicht ausgeschlossen.

„Es ist ein langer Bremsweg“

Krautwaschl sagte auch, dass das Baubudget gestrafft werde. Es umfasst etwa fünf Mio. Euro pro Jahr – „das ist für 2.000 Gebäude nicht unbedingt fett“, aber man werde bei Bauvorhaben noch mehr prüfen, ob sie notwendig seien oder auf einen späteren Zeitpunkt hinausgezögert werden können. Die Renovierungszyklen sollen auch in die Länge gezogen werden, „aber wir können die Gebäude auch nicht verfallen lassen“, so Ehart.

Schwierig werde es, der Bevölkerung und den Pfarren zu vermitteln, warum nun Sparmaßnahmen eingeleitet werden, weil noch gehe es gut, aber man müsse die Diözese mit einem Öltanker vergleichen, der auch schon zehn Kilometer vor der Küste das Bremsmanöver einleiten muss. „Es ist ein langer Bremsweg“, verglich Ehart. „Kosmetische Maßnahmen“ würden in zehn Jahren jedenfalls nicht mehr reichen.

Erstmals negativer Jahresabschluss

Das Corona-Jahr habe sich finanziell stark ausgewirkt: Gottesdienste waren so gut wie nicht möglich – die Kollekte, wichtig für die vielen Pfarren, brach um 30 bis 40 Prozent ein. Die katholische Kirche in der Steiermark machte 2020 ein Defizit im höheren einstelligen Millionen-Euro-Bereich – der Staat half und ersetzte der Kirche als Non-Profit-Organisation einen großen Teil. Dennoch wurde das Jahr erstmals mit einem negativen Ergebnis – rund 600.000 Euro – abgeschlossen. Einbußen gab es auch, weil keine Pfarrfeste gefeiert werden könnten, keine Jungscharlager, keine Bildungsveranstaltungen, keine Haussammlungen. „Es tut weh, gleich zwei Mal das höchste kirchliche Fest, Ostern, nicht feiern zu können. Das ist, als ob man einem Unternehmer das Kerngeschäft nimmt“, so Ehart. Dennoch sieht er die Diözese auf finanziell stabilen Beinen stehen.

Für die Pfarrkindergärten zeichnet sich eine Neuigkeit ab: Sie sollen künftig in einer gemeinsamen Trägerorganisation gebündelt werden, um weiterhin Elementarpädagogik auf hohem Niveau zu bieten und eine gemeinsame Linie zu finden. Im März 2022 stehen weiters wieder die Pfarrgemeinderatswahlen an: „Wir hoffen, dass wieder viele mitgestalten wollen“, sagte der Bischof. Derzeit werden in der Steiermark rund 5.000 Pfarrgemeinderäte gezählt.