Anorektisches Mädchen
FRED DUFOUR
FRED DUFOUR
Gesundheit

Erstes Tageszentrum für Essstörungen eröffnet

In Graz ist am Freitag ein österreichweit einzigartiges Angebot offiziell eröffnet worden: ein Tageszentrum für Menschen mit Essstörungen. Es schließt die Lücke zwischen stationärer und ambulanter Behandlung. Auch für Angehörige gibt es Betreuung.

Bundesweit leiden etwa 200.000 Menschen an Magersucht, Essbrechsucht oder Fettleibigkeit. Das Zentrum wird von der Lebenshilfe betrieben, Land und Stadt unterstützen das Projekt finanziell.

Schon hundert Anmeldungen bei „LeLi“

„LeLi“ heißt das Tageszentrum für Essstörung, das steht für „Lebens-Liebe“. Wenn Essen zur Qual wird, können sich Betroffene hier Hilfe suchen, hundert Anmeldungen hat es bereits in den ersten drei Wochen gegeben, vorwiegend junge Frauen, sagte die Geschäftsführerin der Lebenshilfe, Susanne Maurer-Aldrian: „Am Anfang ist es eine ganz intensive Begleitung, wo man fast jeden Tag hierherkommt. Dann versucht man sich zu stabilisieren und wenn man sich stabilisiert hat, versucht man, sich wieder zu integrieren. Also schaut man, ob man das Studium fertig machen kann, das ist sehr häufig der Fall, oder eben auch in das Arbeitssetting kommt, und das begleiten wir gut.“

Umfassende Betreuung für maximal zwei Jahre

Der stationäre Aufenthalt ist oft zu viel, die ambulante Behandlung zu wenig. Das Tageszentrum ist eine Kombination aus beidem. Die Begleitung erfolgt mit Psychotherapeuten, Ärzten, Diätologen und Physiotherapeuten. Die Betreuung dauert maximal zwei Jahre, das Angebot ist gratis. Auch Workshops an Schulen sind geplant, als Prävention von Essstörungen bei Teenagern.

Kreislauf durchbrechen

Magersucht ist die häufigste Essstörung und kann bis zum Tod führen. „Das ist also ein Zentrum, das magersüchtige Menschen berät, zu verhindern versucht, dass man dann immer wieder ins Spital kommt, in einen ewigen Kreislauf – kurz heraus und wieder ins Spital, dass wir diesen Kreislauf durchbrechen. Eine einmalige Geschichte in Österreich, ich nehme an, es wird viele Nachahmer geben“, sagte der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP).

Auch soziale Medien seien oft Auslöser für Essstörungen, sagte Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP): „Wir wollen die Kinder und die Jugendlichen abholen, wir wollen die Angehörigen abholen, wir wolle es enttabuisieren dieses Thema, das ist so ein großes Thema. Und wir müssen uns einfach damit auseinandersetzen in der Gesellschaft.“

Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) begrüßt das niederschwellige Angebot. „Gerade in einer Gesellschaft, die so sehr nach dem Äußeren geht, die so sehr Menschen stigmatisiert, ist es umso wichtiger, dass Menschen, die Essstörungen haben – und das ist wirklich eine Krankheit – dass diese Menschen gut aufgefangen werden“, so Kampus.